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Erbbaurecht: Eine günstige Alternative zum Grundstückskauf?

Sind Sie gerade auf der Suche nach einer Neubau-Immobilie? Wenn Sie ein Haus suchen, ist Ihnen sicherlich in den Exposés schon das eine oder andere Mal folgender Zusatz untergekommen: „Erbbaurecht: ja.“ Erfahrene Immobilien-Spürnasen wissen: Hierbei handelt es sich um eine Immobilie, bei der das Grundstück, auf dem das Haus errichtet wird, nicht miterworben wird. Man bezahlt dafür eine Art Miete: Erbbauzinsen bzw. Erbpachtzinsen. Das Kaufmodell bringt gerade für junge Familien konkrete Vorteile mit sich. Was es aktuell bei Häusern und Wohnungen auf Erbpachtgrundstücken zu beachten gibt, erfahren Sie heute in unserem Ratgeber.

Es klingt verlockend. Endlich ein Neubau-Haus, das auch bei einem schmaleren Budget bezahlbar ist! Trotzdem wurde nicht bei der Ausstattung gespart, und die Wohnlage ist einfach wunderbar. Wer nur an heimliche Wohltäter denkt oder einen Tippfehler hinter solchen Immobilien-Glückstreffern vermutet, liegt meist falsch. Die Lösung des Rätsels um den fast schon zu moderaten Kaufpreis heißt bei solchen Immobilienangeboten oft „Erbbaurechtsgrundstück„. Das bedeutet: Sie kaufen das Grundstück Ihres neuen Zuhauses nicht, sondern zahlen dafür regelmäßig den sogenannten „Erbbauzins“.

Unter Erbbaurechtsgrundstücken, umgangssprachlich auch Erbbaurechtsgrundstücke genannt, versteht man Bauland, das über einen fixierten Zeitraum zu Wohnzwecken genutzt wird. Das Erbbaurecht wird im Volksmund immer noch als Synonym zu Erbpacht verwendet, so dass man in Inseraten oft „Erbpacht-Immobilie“ liest. Gemeint ist aber heutzutage natürlich das Erbbaurecht, denn genau genommen ist die Erbpacht in ihrem juristischen Sinne seit 1947 verboten. Es gibt auch einen Unterschied zwischen den beiden Bezeichnungen: Erbpacht hat keine Laufzeit, während das Erbbaurecht zeitlich beschränkt ist.

Die Laufzeit beträgt bei neuen Erbbaurechts-Verträgen in der Regel zwischen 50 und 99 Jahren. Eigentümer der Erbbaurechtsgrundstücke sind häufig Stiftungen, Kirchen oder Kommunen, es können aber auch Privatanbieter hinter den Angeboten stehen. Sie stellen ihr Grundstück gegen einen regelmäßigen Obolus, den Erbbauzins zur Bebauung zur Verfügung. Die Käufer eines auf einem Erbbaugrundstück realisierten Hauses erwerben also nur das Wohngebäude selbst oder eine Einheit darin – das Bauland gehört jemand anderem. Das Erbbaurecht kann vererbt und verkauft werden. Das hat dann zur Folge, dass der neue Hauseigentümer den Erbbaurechts-Vertrag mit der Restlaufzeit und zu den gleichen Konditionen wie der Erblasser oder Verkäufer übernimmt.

Das Grundstück. Im Fall eines bestehenden „Erbbaurechts“ würde es, falls darauf ein Eigenheim entstünde, mit Erbbauzinsen versehen. Bild: pixabay

Erbbaurecht: steigende Erbbauzinsen

Gerade junge Familien erfüllen sich mit diesem Kaufmodell den Traum vom eigenen Zuhause. Und auch viele Kaufinteressenten, die sich im Alter den Traum vom Eigenheim in der eigenen Wohnung erfüllen möchten, setzen auf das Modell. Sein schlagender Vorteil ist, dass der meist teuerste Teil des Kaufpreises für Immobilien, der Baugrund, beim Erwerb des Hauses oder der Wohnung wegfällt. Umsonst ist die Nutzung des Baulands aber natürlich nicht: Es fällt eine regelmäßige Gebühr an, der Erbbauzins. Er beträgt in der Regel 3 bis 6 Prozent des Grundstückswerts pro Jahr und steigert sich, gekoppelt an den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts, regelmäßig. Die sogenannte Wertsicherungsklausel, in der das festgeschrieben ist, sieht einen Anpassungsrhythmus von drei bis fünf Jahren vor.

Die Crux für viele langjährige Besitzer einer Erbbaurechtsimmobilie: Sie bezahlen im Alter unter Umständen hohe Erbbauzinsen, verfügen zu diesem Zeitpunkt aber über ein geringeres Einkommen. Das ist schon bedenkenswert – bei einem Immobiliendarlehen läuft es schließlich komplett andersrum. Wenn Sie Ihre Immobilie auf Kredit kaufen, sind Sie irgendwann, meist nach rund 30 Jahren, schuldenfrei und die Immobilie gehört mit Grund und Boden Ihnen. Dafür bezahlen Sie über Jahre die gleichen monatlichen Raten. Wenn sich bei der Laufzeit oder Höhe der monatlichen Zahlungen etwas ändert, dann im besten Fall über verbesserte Konditionen durch eine Anschlussfinanzierung oder weil Sie in der Lage sind, dazwischen einen größeren Betrag auf einmal abzubezahlen.

Für Familien mit Kindern kann der Kauf im Rahmen des Erbbaurechts langfristig eine gute Sache sein… (Bild: unsplash)

Beim Erbbauzins hingegen steigt Ihre finanzielle Belastung stetig – und das, bis der Vertrag nach der festgelegten Laufzeit ausläuft oder zu alten oder neuen Konditionen verlängert wird. Sicher sein können Sie nicht, dass es eine Verlängerung des Vertrags gibt – ein Recht darauf haben Sie nämlich nicht. Käufer einer Immobilie, die jetzt mit einem Neuvertrag starten, erleben das Ende des Vertrags meist nicht selbst – 50 bis 99 Jahre sind eine lange Zeit. Möchten Sie Ihr Haus aber einmal an Ihre Kinder vererben, sollten Sie sich darüber Gedanken machen, ob das Erbbaurechts-Prinzip das richtige Modell für Sie ist.

Ein Blick auf die Summe, die sich aus den Erbbauzinsen ergibt, lohnt sich. Sie können es sich leicht ausrechnen, ab wann sie den realistischen Marktwert des Baulands, auf dem das Zuhause steht, übersteigt. Sie stemmen also erst mal eine geringere finanzielle Belastung, bezahlen aber mit der Zeit weit mehr als Nachbarn, die ihr Grundstück gleich miterworben haben. Da kann es in manchen Regionen passieren, dass sich der Erbbauzins über die Jahre – je nach Preisgefüge am Immobilienmarkt – auf das bis zu Zwei- oder Dreifache des realen Grundstückswerts summiert.

Vermeiden Sie kurze Laufzeiten

Es kommt auch hin und wieder bei Neubau-Angeboten vor, dass die Laufzeit des Erbbaurechts-Vertrags bei nur 50 Jahren liegt. Hier kann beispielsweise ein Eigenbedarf des Eigentümers oder ein zum Laufzeitende geplanter Verkauf des Grundstücks im Spiel sein. Fakt ist: Sie verlieren, wenn die Vertragslaufzeit endet und für Sie als Käufer des Hauses im Vertrag keine Verlängerungsmöglichkeit und kein Vorkaufsrecht für das Grundstück fixiert wurde, unter Umständen ihr Zuhause – und zwar genau dann, wenn Sie nicht mehr so mobil und offen für Neues sind. Falls Sie ohnehin vorhaben, mit dem Beginn des Ruhestands oder davor in eine kleinere Immobilie zu ziehen oder mittelfristig ganz woanders hinzugehen, ist eine kürzere Laufzeit nicht problematisch. Aber man weiß nie, wie das Leben spielt, und vielleicht verwerfen Sie Ihre Zukunftspläne von heute noch. Dazu kommt, dass ältere Erbbaurechtshäuser auf dem Markt weit weniger gefragt sind als Häuser mit kaufbarem Baugrund – und weniger Erlös bringen oder eine lange Verkaufszeit haben.

…wo jetzt noch Wiese ist, könnte schon bald der Platz für den Lebensabend sein. Bild: unsplash

Der Erbbaurechtsvertrag: die Details kennen

Wenn der Vertrag endet und nicht verlängert wird, muss der Grundstückseigentümer Sie mit mindestens zwei Dritteln des Verkehrswertsentschädigen. Um Konflikte rund um die Entschädigungssumme zu vermeiden, ist es wichtig, dass im Vertrag festgeschrieben wird bzw. wurde, wie der Wert des Hauses dann berechnet wird. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger kann sachkundig den realistischen Wert der Immobilie feststellen. Die Bestellung eines solchen Fachmanns kann im Vertrag mit fixiert werden – sicher ist sicher!

Es lohnt sich, zu den Bedingungen des Erbbaurechtsvertrags bereits frühzeitig Erkundigungen einzuholen – erster Ansprechpartner ist hier der Bauträger bzw. Anbieter Ihres potenziellen Zuhauses. Er kann Ihnen einen genauen Einblick über die Details geben: etwa, wo die Erbbau-Zinssätze liegen, in welchen zeitlichen Abständen diese bezahlt werden müssen, in welchem Maße sie sich wann erhöhen, und woran diese Erhöhungen gekoppelt sind. Dazu wird idealerweise auch festgeschrieben, ob Ihnen bei einem Grundstücksverkauf am Ende der Laufzeit ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird und ob Sie die Möglichkeit haben, den Vertrag zu verlängern.

Außerdem wird im Vertrag geregelt sein, welche Pflichten und Rechte für Sie als Hausbesitzer gelten und welche für den Grundstückseigentümer. Auch folgende Fragen werden beantwortet: was mit Ihrer Immobilie passiert, wenn der Erbbaurechtsvertrag ausläuft, Sie ihr Haus verkaufen möchten oder der Eigentümer Eigenbedarf anmeldet.

Ein Erbbauvertrag ist immer sehr detailliert, denn der Eigentümer des Grundstücks hat in vielen Bereichen ein Mitspracherecht. Wenn Sie Ihr Haus darauf bauen oder es mal umbauen oder erweitern möchten, gilt für Sie nicht nur der Bebauungsplan der Kommune. Den Erbbaurechtsgeber müssen sie in Ihre Pläne ebenfalls mit einbeziehen. Ohne seine Zustimmung geht nichts. Das gilt auch für den Fall, dass Sie Ihr Haus vermieten, darauf eine Hypothek aufnehmen oder es verkaufen möchten. Zuerst mal müssen Sie dem Grundstückseigentümer für Ihr Haus ein Vorkaufsrecht einräumen. Erst wenn er mitteilt, dass er es nicht wahrnehmen möchte, dürfen Sie Ihre Immobilie vermarkten. Ist ein Käufer gefunden, kann der Eigentümer ein Veto einlegen, wenn er fürchten muss, dass Ihr Nachfolger das Grundstück nicht bestimmungsgemäß nutzt – etwa als Gewerbefläche statt zu Wohnzwecken. Das dürfen Sie selbst übrigens auch nicht! Und wenn es um die Bonität des neuen Eigentümers schlecht bestellt ist und der Erbbaurechtsgeber am Ende mit Zinsschulden rechnen muss, darf er ebenfalls Nein sagen.

Weder Sie noch der Erbbaurechtsgeber können den Vertrag während der Laufzeit einfach kündigen. Eine einvernehmliche Aufhebung ist allerdings möglich. Drastische Folgen gibt es, wenn Sie gegen die Vertragsbedingungen verstoßen. Dann hat der Eigentümer ein Sonderkündigungsrecht bzw. ein Recht auf Rückübertragung, den sogenannten Heimfall. Gute Karten hat er, wenn Sie das Grundstück verwahrlosen lassen und nicht für die regelmäßige Instandhaltung sorgen. Schwierig kann es für Sie außerdem werden, wenn Sie Ihre Erbbauzinsen nicht bezahlen. Dann kann das Grundstück samt Ihrem Wohngebäude komplett zurück an den Eigentümer fallen – und Sie müssen zusehen, dass Sie sich noch die etwa 60 Prozent des Verkehrswerts Ihres Hauses sichern.

Banken sind oft mäkelig

Wichtig zu wissen ist auch, dass Erbbaurecht bei Käufern von Bestandsimmobilien und auch bei manchen finanzierenden Banken und anderen Darlehensvermittlern nicht unbedingt beliebt ist. Das liegt daran, dass die Häuser auf Erbbaurechtsgrundstücken meist nicht innerhalb der ersten Jahre verkauft werden, sondern dann, wenn die Erbbauzinsen schon deutlich höher sind. Je älter das Haus und kürzer die restliche Vertragslaufzeit für das Erbbaurecht, desto unattraktiver wird das Angebot für Interessenten. So manches Haus ist heute in der Gefahr, zum Ladenhüter zu werden, weil der Erbbaurechtsvertrag nur noch 15 Jahre Restlaufzeit hat. Das ist, wenn Sie eine Neubau-Immobilie erwerben, nicht das Problem, denn Sie haben ja vor, viele Jahre darin zu wohnen und bezahlen noch günstige oder moderate Erbbauzinsen. Banken rechnen das Verkaufsrisiko aber bei der Finanzierung in hohem Maße mit ein – einige machen Käufern einer Erbbaurechtsimmobilie gar kein Finanzierungsangebot, andere geben nur zu deutlich teureren Bedingungen ein Darlehen, und nur dann, wenn der Erbbauvertrag noch mindestens 40 Jahre läuft. Ohne Eigenkapital geht außerdem auch nichts! Immerhin: Auf Förderprogramme der KfW-Bank, Kommunen oder Länder hat das Thema Erbbaurecht im Normalfall keinen Einfluss. Hier profitieren Sie in voller Höhe von den Programmen.

Steuer und Grundbuch: Spezialfall Erbbaurecht

Wer nun denkt, dass er keine Grunderwerbsteuer, Grundsteuer und andere Abgaben bezahlen muss, weil sein schlüsselfertiges Neubau-Haus ja auf einem Erbbaurechtsgrundstück steht, das ihm nicht gehört, irrt. Auch Ihnen schicken die Kommune und der Fiskus Steuer- und Abgabenbescheide – immerhin fallen die Gebühren günstiger aus als bei einem „normalen“ Grundstückskauf. Die Beträge berechnen sich gemeinhin auf Grundlage des jährlichen Erbbauzinses, eines Umrechnungsfaktors und der Laufzeit des Vertrags.

Verdient besondere Aufmerksamkeit: der Vertrag beim Erbbaurecht. Bild: pixabay

Beim Notartermin gibt es bei Erbbaurechtsimmobilien ebenfalls eine Besonderheit. Das Erbbaurecht wird in zwei Grundbüchern dokumentiert: im Grundbuch des Grundstücks als Belastung in Abteilung II und separat im Erbbaugrundbuch. Letzteres ist wie ein normales Grundbuch aufgebaut. Im Bestandsverzeichnis werden der Erbbauvertrag, das belastete Grundstück und der Grundstückseigentümer verzeichnet. In Abteilung I wird der Erbbauberechtigte eingetragen. In Abteilung II werden der Erbbauzins und die Rechte und Belastungen mit Ausnahme der Grundpfandrechte vermerkt. Letzte werden in Abteilung III eingetragen.

Sie sehen, beim Erbbaurechtsgrundstück läuft alles ein wenig anders als beim gängigen Hauskauf inklusive Grundstück. Wer jetzt von einem günstigeren Kaufpreis profitieren möchte und sich vielleicht nicht für immer an seine Immobilie binden möchte, findet in einer Neubau-Immobilie auf einem Erbbaugrundstück gute Perspektiven. Wie bei jedem Immobilienvertrag gilt: Sehen Sie genau hin, vergleichen Sie, sprechen Sie mit einem Fachmann und schauen Sie auch in die Zukunft. Was wünschen Sie sich von Ihrer Immobilie im Alter? Was für Ihre Kinder? Viel Erfolg beim Kauf Ihres neuen Zuhause wünscht Ihnen die Redaktion von neubau kompass.

Nicht nur beim Vertrag zum Erbbaurecht spielt der Notar eine wichtige Rolle. Lesen Sie, warum er unverzichtbar bei Immobilienkauf und Beurkundung ist.

Unser Titelbild zeigt das Bauvorhaben „Geming 24 – EFH – Daglfing“ von Creativ-Haus Baubetreuung GmbH (kein Erbbaurechtsgrundstück)

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