Immobilien erben

In den kommenden Jahren werden Statistiken zufolge in Deutschland mehr Immobilien vererbt als je zuvor. Über 64 Prozent der Deutschen planen, Häuser, Wohnungen und Grundstücke nach ihrem Ableben an die Nächsten zu übertragen. Auch wenn die Freude über das vermachte „Betongold“ zunächst groß sein mag, als Erbe ist es ratsam, sich im Vorfeld über das damit verbundene „Themenpaket“ zu informieren. Nachfolgend finden Sie einige Anregungen dazu.

Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge

Wie bereits in der Rubrik „Immobilienkauf für Paare“ angesprochen, greift, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, die gesetzliche Erbfolge. Das heißt, auch wenn Sie über Jahrzehnte verheiratet sind, erben Sie im Falle des plötzlichen Ablebens Ihres Partners nicht automatisch als Alleinerbe seine Eigentumswohnung. Es sei denn, dies ist im vorher aufgesetzten Testament oder Erbvertrag so festgelegt.

Die gesetzliche Erbfolge besagt, dass ohne entsprechende Vorabregelungen auch Kinder aus früheren Beziehungen, Eltern und Geschwister des Verstorbenen einen Anteil am Erbe haben. In diesem Fall bilden Sie gemeinsam mit den übrigen Erben eine „Erbengemeinschaft“, das heißt, sie müssen Entscheidungen über die Immobilie gemeinsam treffen bzw. die anderen Erben unter Umständen auszahlen.

Erbschaften schon zu Lebzeiten thematisieren

Deshalb – auch wenn es schwer fällt – sprechen Sie mit Ihren nahen Angehörigen darüber, wie mit der Immobilie im Todesfall zu verfahren ist und welche Wünsche es im Hinblick auf die Vererbung zu berücksichtigen gilt. Das kann Ihnen im Nachhinein einiges an Ärger ersparen und den braucht insbesondere in einem Trauerfall niemand.

Im Testament kann bereits festgelegt werden, dass Erbengemeinschaften von vorne herein ausgeschlossen sind. Ein Testament mit klaren Anweisungen, an wen die Immobilie nach dem Ableben fallen soll, kann auch handschriftlich verfasst sein. Ratsam ist, ein notarielles Testament beim zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen.

Vermeiden Sie finanzielle Risiken

Nehmen wir an, Sie erben eine Neubauwohnung. Vielleicht ist die Wohnung erst vor einem Jahr erworben worden. Die Ausstattung ist neuwertig, Parkett und Armaturen glänzen. Aber: auf dieser Wohnung liegt unter Umständen noch einiges an finanziellen Verpflichtungen. Und auch diese erben Sie mit. Und haben Sie das Erbe erst einmal angetreten, dann sind Sie automatisch auch für die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen zuständig.

Ein Tipp: Überprüfen Sie, inwieweit die möglichen Mieterträge dieser Immobilie die Hypotheken-Kosten decken können. Das hängt nicht zuletzt auch mit dem Standort zusammen. In Metropolen dürfte es wenig schwierig sein, entsprechende Erträge zu erzielen, während Immobilien in ländlichen Gebieten weniger profitabel vermietet werden können. Stellen Sie fest, dass die Schulden durch die Vermietung nicht getilgt werden können, wäre eine sinnvolle Einsicht: Finger weg von der Immobilie – sprich: das Erbe auszuschlagen.

Manchmal sinnvoll: das Erbe ausschlagen

Sie haben gesetzlich die Möglichkeit, das Erbe innerhalb einer Frist von sechs Wochen auszuschlagen. Das mag zunächst „abwegig“ klingen – nicht jeder erbt im Leben eine Immobilie – ist jedoch unter Umständen eine ratsame Möglichkeit, um langfristigen finanziellen Überbelastungen zu entgehen. Die Frist beginnt übrigens ab da, wo Sie von Ihrem Erbe erfahren.

Wenn Sie sich entschlossen haben, das Erbe nicht anzutreten, können Sie entweder ein entsprechendes Schreiben an den mit Ihrer Erbschaf betrauten Notar weiter leiten oder sich an das zuständige Amtsgericht wenden.

Sie erben nicht allein: die Erbschaftssteuer

Wenn Sie eine Immobilie erben, freut sich neben Ihnen noch jemand: der Staat. Er kassiert mit in Form einer Erbschaftssteuer. Diese richtet sich nach dem Verkehrswert der Immobilie.

Prinzipiell gilt, dass Grundbesitz bis zu einem Betrag von 60 Prozent des Verkehrswertes versteuert wird. Es gelten jedoch Freibeträge, die vom Verwandtschaftsgrad der Erben abhängen. Kinder der Verstorbenen erhalten in der Regel einen Freibetrag von bis zu 400.000 Euro. Ehepartnern steht ein Freibetrag von 500.000 Euro zu – zuzüglich eines Versorgungsfreibetrags in Höhe von ca. 256.000 Euro.

Immobilien verkaufen

Statistiken zufolge bezieht nur jeder 4. Erbe später tatsächlich die ihm zugesprochene Immobilie. Rund 40 Prozent verkaufen ihr Immobilienerbe, etwa 15 Prozent entscheiden sich für eine Vermietung.

Bedenken Sie: Auch beim Verkauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses machen Finanzämter ihre Ansprüche am Verkaufserlös geltend. Dem können Sie als Erbe entgehen, wenn Ihre Verwandten Ihnen bereits zu Lebzeiten die Übertragung der Eigentumsimmobilie (Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt) zugestehen. Das kann zu einer erheblichen Einsparung in Bezug auf die Erbschaftssteuer führen. Lassen Sie sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt oder Notar hierzu beraten.

Auch wenn Sie Ihre geerbte Immobilie verkaufen möchten, greift der Staat wie oben erwähnt zu. Die Erbschaftssteuer richtet sich in ihrer Höhe nach der objektiven Wertermittlung. Dieser Wert wird anhand von unterschiedlichen Kriterien festgestellt. Dazu zählen die Größe, die Nutzungsmöglichkeiten und das entsprechende Umfeld sowie das Alter der Immobilie. Zur Berechnung werden in der Regel drei unterschiedliche Verfahren herangezogen: das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Ertragsverfahren.

Beim Vergleichswertverfahren werden Immobilien in ähnlicher Lage, ähnlichen Alters und ähnlicher Ausstattung miteinander verglichen, um auf der Basis aktueller Marktsituationen einen fairen Wert zu ermitteln. Diese Vorgehensweise gilt derzeit als das beste und am leichtesten nachvollziehbare Vorgehen zur Ermittlung des Wertes von Wohnimmobilien.

Beim Sachwertverfahren geht es darum, den realen Sachwert, das heißt, die Kosten, die eine Immobilie für ihre Wiederherstellung braucht, einzuschätzen. Das Verfahren kommt vorwiegend für selbst genutzte Immobilien zur Anwendung.

Das dritte Verfahren, die Ertragswertermittlung, bezieht sich ausschließlich auf Mietimmobilien oder Gewerbeobjekte und ermittelt den Wert, der sich aus den Einnahmen durch Miete oder Pacht ergibt.

Der Weg zur Wertermittlung

Um den Wert der geerbten Immobilie zu ermitteln, gibt es neben kostengünstigen Möglichkeiten einer ersten groben Schätzung – zum Beispiel über entsprechende Suchmasken im Internet – detaillierte Analysen, für die man jedoch tiefer in die Tasche greifen muss. So kann ein Verkehrswertgutachten schon einmal bis zu ca. 2.000 Euro kosten. Die Analyse bedarf eines breiten Wissens in Betriebswirtschaft, Recht und Bautechnik und Experten in den Sachverständigen-Büros nehmen dafür Stundensätze ab ca. 200 Euro.

Ein „professionelles Gutachten“ durch einen Sachverständigen ist dann sinnvoll, wenn das Finanzamt etwa den Wert der geerbten Immobilie höher veranschlagt, als er tatsächlich ist. Was sich erheblich auf die Höhe der Erbschaftssteuer auswirkt. In diesem Fall brauchen Sie ein Gegengutachten.

Ein Immobilienerbe ist nichts, was „auf die Schnelle“ entschieden werden kann. Es lauern Risiken: langfristige Finanzierungen, die mitgetragen werden müssen, juristische Fragen, die es zu klären gilt – Sie werden mit Themen konfrontiert, mit denen Sie bis dato unter Umständen gar nichts zu tun hatten.

Um zunächst einzuschätzen, welches Potenzial Ihre geerbte Immobilie auf dem Gesamtmarkt bietet, kann ein erster Schritt sein, sich über „Trends auf dem Immobilienmarkt“ zu informieren.

Titelbild: NeulandQuartier von der PAESCHKE GmbH

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