Autark leben: Tipps für Wege in die Selbstversorgung

Autark leben: Tipps für Wege in die Selbstversorgung

Immer mehr Menschen in Deutschland möchten unabhängig von öffentlichen Versorgern werden – sei es mit eigener Stromerzeugung, einer Biogasanlage oder Selbstversorgung durch Gemüseanbau und Tierhaltung. Entdecke in unserem Ratgeber die Vor- und Nachteile eines autarken Lebens sowie Tipps, die dich deinem Ziel näher bringen!

In den grünen Hügeln von Wales lebt die Familie Watkinson nahezu vollständig autark: Wärme und Warmwasser kommen vom Holzofen, eine selbstgebaute Biogasanlage verwandelt Küchenabfälle in Gas zum Kochen. Strom liefern Solarzellen und eine kleine Windturbine. Und Essen? Ein altes Auto dient als improvisiertes Gewächshaus, das durch seine Wärmeabsorption ideale Bedingungen für den Gemüseanbau bietet. Zudem halten sie Hühner und Bienen – ein Kreislauf, der die Familie weitgehend unabhängig vom Supermarkt macht. Unterstützt wird dieser Lebensstil durch das One-Planet-Entwicklungsprogramm, das Menschen in Wales erlaubt, in selbstgebauten Häusern autark zu leben – auch in Naturschutzgebieten.

100 % autark leben – ist das in Deutschland möglich?

In Deutschland ist ein vollständig autarkes Leben – also eine komplette Unabhängigkeit von öffentlichen Versorgern für Strom, Wasser und Lebensmittel – komplizierter als in Ländern wie Wales, Kanada, Australien oder Skandinavien, wo dies durch spezielle Organisationen und Programme oder lockerere Vorschriften vereinfacht wird. Eine Herausforderung in Deutschland ist unter anderem die vielerorts geltende Anschlusspflicht an das öffentliche Wasserversorgungsnetz (u.a. aus hygienischen Gründen). 

Für den Stromanschluss gibt es in Deutschland keine allgemeine gesetzliche Regelung, doch eine unabhängige Solarstromversorgung mit Batteriespeichern ist aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht aktuell nicht sinnvoll. Selbst große Stromspeicher reichen nicht aus, um das Haus über den gesamten Winter hinweg mit Energie zu versorgen. Dennoch lohnt sich vor allem die Kombination aus Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe, da der eigens produzierte Strom zum Betrieb der Wärmepumpe verwendet werden kann.

Handwerker mit gelbem Arbeitshandschuh montiert ein Solarmodul.
Mit einer Photovoltaik-Anlage kommt man der Unabhängigkeit von öffentlichen Stromversorgern ein gutes Stück näher. © Los Muertos Crew / pexels

Wie diese Familien in Deutschland nahezu autark leben

Trotz mancher Hürde gibt es in Deutschland einige Erfolgsgeschichten von Menschen, die ein überwiegend autarkes Leben führen.

Max Souley lebt mit seiner Familie in der baden-württembergischen Gemeinde Kreßberg auf dem Tempelfeld, einem kleinen Areal aus Tiny Houses, Wägen, Modulbauten sowie Stroh- und Lehmbauten. Das Herzstück bildet das Versorgungsgebäude Earthship, das erste seiner Art mit offizieller Genehmigung in Deutschland. Das Gebäude nutzt Sonnenenergie, Regenwasser und verfügt über eine Grauwasser-Pflanzenkläranlage. Auch die Küche und Bäder befinden sich im Earthship und werden gemeinschaftlich genutzt, was Nachhaltigkeit und soziales Miteinander fördert.

Carina und Norbert Grellner betreiben in Mittelfranken einen Selbstversorgerhof. Sie bauen fast ganzjährig Obst, Gemüse und Getreide an, halten Hühner, Schafe und Fische und gewinnen Honig aus eigener Imkerei. Dennoch sind sie nicht vollständig autark – einige Grundnahrungsmittel wie Milchprodukte kaufen sie zu. Ihre Energieversorgung ist noch im Aufbau. Doch mit einem Zaun auf ihrem Gelände, an dem Photovoltaik-Module angebracht werden, wollen sie sich langfristig unabhängig von öffentlichen Versorgern machen.

Frau und Kind ernten gemeinsam Paprika und Tomaten in einem Gewächshaus.
Wer sein eigenes Gemüse anbaut, erntet nicht nur gesunde Nahrung, sondern auch ein Stück Unabhängigkeit – und spart sich den Weg in den Supermarkt. © Yan Krukau / pexels

Die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Autarkie

Auch wenn man in Deutschland nur schwer 100 % autark leben kann, gibt es viele Wege, sich von externen Versorgern wie Strom-, Wasseranbietern und Supermärkten unabhängiger zu machen. Mit einem durchdachten Nachhaltigkeits-Konzept lassen sich der eigene Energie- und Wasserverbrauch spürbar reduzieren. 

Genauso wichtig wie die Energieversorgung durch Photovoltaik, Wärmepumpe, Balkonkraftwerk, Biogasanlage und Co. ist eine hohe Energieeffizienz. Daher solltest du dir bereits vor dem Kauf deiner Neubau-Immobilie einige Fragen stellen: 

  • Wurde die Immobilie mit langlebigen Materialien gebaut?
  • Ist eine gute Dämmung vorhanden, idealerweise aus biologischen Materialien?
  • Sind die Fenster mit Mehrfach-Verglasung ausgestattet?
  • Sorgt eine moderne Heiz- und Lüftungsanlage für möglichst geringe Energiekosten?
  • Ist ein Smart-Home-System für die intelligente Steuerung von Heizung, Beleuchtung und Geräten vorhanden?

Darüber hinaus gibt es praktische Tipps, den Energieverbrauch im Alltag niedrig zu halten und weitgehend unabhängig von öffentlichen Versorgern zu bleiben. Wer sich selbst mit Lebensmitteln versorgen möchte, kann mit einem eigenen Garten oder Gewächshaus zumindest teilweise auf Produkte aus dem Supermarkt verzichten.

Ein weiterer Tipp ist die Regenwassernutzung (Zisternen, Brunnen, Regentonnen) zur Bewässerung von Pflanzen und Gemüsegarten sowie eine eigene Grauwasser-Kläranlage, die Wasser aus der Dusche oder dem Waschbecken aufbereitet und so mehrfach nutzbar macht.

Auch eine Trockentrenntoilette unterstützt auf dem Weg zur Autarkie. Sie kommt ohne Wasser aus, trennt Flüssiges und Festes und bleibt dadurch nahezu geruchsfrei. Außerdem lassen sich die gesammelten Rückstände weiterverwenden – zum Beispiel als Dünger oder Kompost. 

Vergleich: Vollautarkie, Teilautarkie und Nullenergiehaus

Vollautarkie

  • Photovoltaik, Windturbine, Biogasanlage und Holzofen
  • Eigene Wasserquelle und Trockentoilette
  • Lebensmittelversorgung durch Garten und Tierhaltung
  • Ziel: Selbstversorgung mit Energie, Wasser und Lebensmitteln

Teilautarkie

  • Photovoltaik mit Netzanschluss
  • Regenwassernutzung für Garten und Toilette
  • Holzofen als zusätzliche Wärmequelle
  • Ziel: Reduzierte Abhängigkeit von öffentlichen Versorgern

Nullenergiehaus

  • Photovoltaik-Anlage mit Netzeinspeisung
  • Sehr gute Dämmung und Passivhaus-Technik
  • Wärmepumpe mit Eigenstromnutzung
  • Ziel: Gebäude erzeugt jährlich so viel Energie, wie es verbraucht

Gibt es staatliche Förderungen für ein autarkes Leben?

Das Gute: In Deutschland gibt es zumindest für nachhaltige Gebäude einige Förderungen. So lohnt sich der erste Schritt in Richtung Autarkie auch finanziell. 

  • Die KfW-Bank bietet zinsgünstige Darlehen für Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme. Gefördert werden unter anderem Photovoltaik, Wind-, Wasser- und Biogasanlagen sowie Speicher- und Netzsysteme.
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Tipp: Besuche die Förderdatenbank des Bundes für einen Überblick zu den verfügbaren Förderprogrammen von Bund, Ländern und der EU.

Ist ein autarkes Leben das Richtige für dich?

Vorteile

  • Einsparung langfristiger Energiekosten
  • Nachhaltiger, umweltfreundlicher Lebensstil
  • Mehr Unabhängigkeit von steigenden Preisen

Nachteile

  • Hohe Anfangsinvestitionen
  • Bürokratische Hürden
  • Verzicht auf gewohnten Komfort

Wie eingangs erwähnt, ist ein vollständig autarkes Leben in Deutschland kein einfaches Vorhaben. Die weit verbreitete Anschlusspflicht an das öffentliche Versorgungsnetz, hohe Investitionskosten für Solar-Speichersysteme sowie alternative Wasser- und Heizsysteme sind einige der Hürden. 

Wer auf Vollautarkie setzt, muss zudem auf Komfort verzichten: herkömmliche Toiletten, Spül- und Waschmaschinen und sogar Licht sind nicht selbstverständlich. Darüber hinaus erfordert der eigene Lebensmittelanbau Zeit und Know-how. Eine Mischform – teils autark, teils an das öffentliche Versorgungsnetz angebunden – kann ein guter Mittelweg sein.

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Janek Müller

Janek Müller ist ausgebildeter Redakteur mit einer Leidenschaft für technische Themen. Durch sein Auslandsstudium in Südafrika mit Schwerpunkt auf Medien und Kommunikation, seine redaktionelle Ausbildung bei einem IT-Verlag… Janek Müller ist ausgebildeter Redakteur mit einer Leidenschaft für technische Themen. Durch sein Auslandsstudium in Südafrika mit Schwerpunkt auf Medien und Kommunikation,… Janek Müller ist ausgebildeter Redakteur mit einer Leidenschaft für technische Themen. Durch sein Auslandsstudium in Südafrika mit Schwerpunkt auf Medien und Kommunikation, seine redaktionelle Ausbildung bei einem IT-Verlag in München sowie ein Fernstudium… Janek Müller ist ausgebildeter Redakteur mit einer Leidenschaft für technische Themen. Durch sein Auslandsstudium in Südafrika mit Schwerpunkt auf Medien und Kommunikation, seine redaktionelle Ausbildung bei einem IT-Verlag in München sowie ein Fernstudium…

Title Image:   © Halfpoint / iStock

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