Vor einigen Wochen berichteten wir über das neue Garten-Quartier Unterschleißheim. Das Konzept dazu stammt von der preisgekrönten Münchner ArchitekturWerkstatt Vallentin. Auch die ökologische Mustersiedlung der Baugemeinschaft Team 3 im Prinz Eugen Park hat das Team um Rena und Gernot Vallentin entworfen. Wir freuen uns sehr, dass Rena und Gernot Vallentin zwischen zahlreichen Projekten Zeit gefunden haben, mit uns über ihre Herangehensweise an neue Bauvorhaben und ihren Schwerpunkt Passivhaus zu sprechen. Übrigens: einige Bauherren erkennen mittlerweile gar nicht mehr, dass es sich bei ihrem Neubau tatsächlich um ein Haus in Passivhausbauweise handelt.
- Seit Ihrer Firmengründung 1996 haben Sie sich dem Passivhaus-Bau verschrieben. Die damit einhergehenden Auflagen und Anforderungen stellen offensichtlich keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung für Sie dar. Was genau reizt Sie an der Konzeption von Passivhäusern?
- Es heißt, ein Passivhaus entspricht in etwa dem KfW 40 Standard. Ist das zutreffend?
- Ökologische Nachhaltigkeit manifestiert sich in der allgemeinen Wahrnehmung immer mehr als grundsätzliche Prämisse für Neubauprojekte. Dies ist allerdings eine relativ junge Entwicklung. Auf welche Probleme stießen und stoßen Sie mit Ihrer Zielsetzung, den Passivhausstandard als energetischen Mindeststandard zu verwenden?
- Zahlreiche inzwischen realisierte und bereits abverkaufte Neubauprojekte nach den Entwürfen und Grundsätzen Ihrer Architektur Werkstatt sprechen für sich. Inwieweit sind Sie der Meinung zur Etablierung eines Mainstreams beigetragen zu haben?
- Eines Ihrer aktuellsten Projekte ist das der Baugemeinschaft Team3 in der ökologischen Mustersiedlung auf dem Gelände des Prinz-Eugen-Parks. Äußerst rigide Anforderungen lagen der Ausschreibung zugrunde. Wie war Ihre Herangehensweise an diese Aufgabe?
- Welches Holz eignet sich besonders?
- Der Spagat zwischen Entwurf und letztendlichem Ergebnis ist Wegbegleiter in jedem kreativen Beruf, so auch dem des Architekten. Doch je mehr Herzblut man in die Ausarbeitung einer Idee investierte, desto schwerer fällt es, diese kritisiert und abgewandelt zu sehen. Wie gehen sie persönlich mit dieser Herausforderung um?
Seit Ihrer Firmengründung 1996 haben Sie sich dem Passivhaus-Bau verschrieben. Die damit einhergehenden Auflagen und Anforderungen stellen offensichtlich keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung für Sie dar. Was genau reizt Sie an der Konzeption von Passivhäusern?
Zunächst hat das Passivhaus mit Architektur gar nicht so viel zu tun. Passivhaus stellt eine technische Anforderung an Gebäude dar. Beim Passivhaus geht es vorrangig um das Thema Energie. Wir verwenden die Vorgaben des Passivhauses als roten Faden und technisches Hilfsmittel, um Entwürfe sinnvoll umzusetzen. Zum Beispiel bei Fragen wie „Wie kompakt kann ein Gebäude sein“, „Wo sind Fenster sinnvoll“, „Wo führe ich Licht“ und auch „Wo im Haus passen Licht und Wärme zusammen“. Das Konzept des Passivhauses hilft uns, die Anforderungen an Energieeffizienz in einem Gebäude gut umzusetzen. Zu unserem Ansatz gehört es, dass wir der Verantwortung gerecht werden, sinnvoll und energieeffizient zu bauen. Getreu dem Satz: „Wir wollen mit unserer Architektur nicht nur den Gang in die falsche Richtung verlangsamen, sondern den Gang in die richtige Richtung gehen“.
Es heißt, ein Passivhaus entspricht in etwa dem KfW 40 Standard. Ist das zutreffend?
Auf den ersten Blick entspricht das Passivhaus dem KfW 40 Standard. Und doch gibt es wesentliche Unterschiede. Das Passivhaus zeigt die physikalische Wirklichkeit. Als Planer frage ich mich von Anfang an, wie viel Energie ein Haus einmal verbrauchen wird. Die Kategorie KfW Standard 40 gibt die spätere Wirklichkeit nur sehr eingeschränkt wieder. Allein aus den Zahlen, die der Standard vorgibt, kann man noch nicht ersehen, wie viel Energie das Haus später tatsächlich verbraucht. Wobei der KfW-Standard in jedem Fall sinnvoll ist. Nur ist er nicht so praxisnah wie der Passivhaus Standard.

Ökologische Nachhaltigkeit manifestiert sich in der allgemeinen Wahrnehmung immer mehr als grundsätzliche Prämisse für Neubauprojekte. Dies ist allerdings eine relativ junge Entwicklung. Auf welche Probleme stießen und stoßen Sie mit Ihrer Zielsetzung, den Passivhausstandard als energetischen Mindeststandard zu verwenden?
Passivhaus ist einer der Bausteine, die wir wichtig finden, um Ökologie und Nachhaltigkeit zu erfüllen. Wir versuchen unsere Bauherren von den Projekten zu überzeugen, die wir gemacht haben und wollen zeigen, dass diese Art zu bauen eine gute Sache ist. Wir wollen aber nicht „missionarisch“ tätig sein und als Weltverbesserer an die Bauherren herantreten. Wir kommunizieren das Passivhaus als natürlichen Bestandteil des Bauens und diskutieren vorwiegend praktische Aspekte. Es gibt Vorurteile, dass Passivhäuser wesentlich teurer sind als herkömmliche Häuser. Dazu kann ich sagen, dass wir Passivhäuser für Bauträger realisiert haben, bei dem die Käufer erst im Nachhinein erfahren haben, dass es sich um ein Passivhaus handelt. Natürlich gibt es auch zahlreiche Gebäude in unserem Portfolio, die explizit als Passivhaus geplant waren. Grundlage unserer Verhandlungen ist immer, dass ein Bauherr für ein bestimmtes Budget etwas Bestimmtes will. Wir erfragen immer zunächst den Kostenrahmen. Wobei eine hochwertigere Hülle und eine bessere Lüftungstechnik natürlich auch Mehrkosten bedeutet. In der Regel lässt sich ein Passivhaus zu den Kosten, zu denen heutzutage gebaut wird, jedoch umsetzen.

Zahlreiche inzwischen realisierte und bereits abverkaufte Neubauprojekte nach den Entwürfen und Grundsätzen Ihrer Architektur Werkstatt sprechen für sich. Inwieweit sind Sie der Meinung zur Etablierung eines Mainstreams beigetragen zu haben?
Wir haben gezeigt, wieviel gestalterisches Potenzial im technischen Thema „Energieeffizientes Bauen“ steckt. Wir haben Projekte gemacht, wo man sich wiederfinden kann, die architektonisch schön sind. Wir haben Energieeffizienz mit architektonischer Schönheit verbunden. Die Wirtschaftlichkeit beim Bauen haben wir immer vor Augen und das ist unser Fokus. Meine Frau ist BWLerin, die uns perfekt ergänzt. Sie ist als Quereinsteigerin in unser Team gekommen und hat unsere architektonischen Ideen um eigene Blickwinkel ergänzt. Die gestalterischen Ansätze, die ein Quereinsteiger wie Rena mit einbringt, geben einem Projekt oft erst die Qualität, für die es später ausgezeichnet wird.
Eines Ihrer aktuellsten Projekte ist das der Baugemeinschaft Team3 in der ökologischen Mustersiedlung auf dem Gelände des Prinz-Eugen-Parks. Äußerst rigide Anforderungen lagen der Ausschreibung zugrunde. Wie war Ihre Herangehensweise an diese Aufgabe?
Die Stadt München hat harte Anforderungen an die Bewerber gestellt. Es waren alles Vorgaben, die der Philosophie unseres Büros sehr gut entsprochen haben. Wir wollen, und das ist einer unserer Grundsätze, Nachhaltigkeit nicht auf den energetischen Aspekt reduzieren. Es gibt so viele weitere: soziale Aspekte zum Beispiel. Man braucht kein Gästezimmer in jeder Wohnung. Man kann gemeinschaftliche Räume dafür nutzen und bei der Organisation von Gemeinschaftsräumen für Gäste oder von Co-Working Spaces auch mit den Nachbarn in Kontakt kommen. Deshalb konnten wir die Punkte, welche die Stadt vorgegeben hat, gut umsetzen und ein sehr gutes Konzept vorlegen. Das ist ein Grund, weshalb unsere Initiative erfolgreich gewesen ist. Ein weiterer Aspekt von Nachhaltigkeit in einem Entwurf: Vögel sollen wieder ein Zuhause finden. Es geht beim Thema Nachhaltigkeit auch darum, Dinge wie Nistkästen zu integrieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Holzbauweise. Diese spielt in der ökologischen Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park eine zentrale Rolle. Den Aspekt Holzbau haben wir von Anfang an verfolgt. Da liegt unser Interesse und unsere Leidenschaft. Die Wohnlichkeit, welche die Holzbauweise bietet, ist ein wichtiger Aspekt. Außer dem Untergeschoss entsteht das Projekt der Baugemeinschaft Team 3 in reiner Holzbauweise, bei dem auch Treppenhäuser und Aufzüge in Holzbauweise entstehen.
Welches Holz eignet sich besonders?
Es gibt mittlerweile viele Holzarten. Im gängigen Holzbau kommen vor allem Fichte, Kiefer und Tanne zum Einsatz. Seit vielen hundert Jahren entstehen Häuser aus Holz. Die Qualität von früheren Häusern, die zum Teil vor einigen hundert Jahren entstanden, ist einmalig gut. Diese Vorteile werden heute langsam wiederentdeckt. Die Stadt verlangt bei der Auswahl der Hölzer auch, dass spezielle Kriterien erfüllt werden. Wir haben zum Beispiel die Anforderungen, Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft in unserem Konzept zu beziehen, gern übernommen.

Der Spagat zwischen Entwurf und letztendlichem Ergebnis ist Wegbegleiter in jedem kreativen Beruf, so auch dem des Architekten. Doch je mehr Herzblut man in die Ausarbeitung einer Idee investierte, desto schwerer fällt es, diese kritisiert und abgewandelt zu sehen. Wie gehen sie persönlich mit dieser Herausforderung um?
Wir haben in unserer Arbeit gelernt, dass wir offen sein müssen für Themen, die an uns herangetragen werden. Wir wissen, dass Vorbehalte oft nicht rational, sondern eher emotional sind. Ein Bauherr hat sehr oft das Haus der Eltern im Kopf. Das ist dann der innere Kompass für seine Wünsche an uns. Manche haben sich davon emanzipiert und fragen sich „Wie will ich persönlich leben“. Diese grundsätzliche Frage wird an uns Architekten herangetragen. So eine Bauaufgabe ist dann sehr spannend für uns.
Man kann nicht mit jedem Bauherren zusammenkommen. Ein Gradmesser für die Akzeptanz ist, wenn jemand unsere Projekte und Schwerpunkte anschaut und sagt „Ja, das will ich auch“. Hoher energetischer Standard, Verwendung nachwachsender Baustoffe, städtebaulich spannende Räume, nachhaltige Architektursprache, das ist dann der Ausgangspunkt für die Planung.
Generell ist es nicht unser Anliegen, zu provozieren und gegen den Strich zu bürsten. Wir wollen in unserer Arbeit etwas Positives schaffen. Wir haben unsere eigene Herangehensweise. Primär wollen wir herausfinden, „Was ist das Wichtige?“ „Was braucht das Projekt?“ Die Frage ist nicht: „Was finde ich persönlich schön?“ Weder der Bauherr noch wir als Architekten stehen im Vordergrund der Planung. Im Laufe unserer Arbeit können wir dann gemeinsam herausfinden, was das Projekt braucht. Ziel ist es, ein gelungenes Stück Architektur zu erstellen, das lange Freude macht und das man gerne anschaut.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Unser Titelbild (AWV/Fotograf: Lukas Vallentin) zeigt ein Passivhaus-Ensemble im Prinz Eugen Park.