Wohngesunden Wandfarben, auch Naturfarben genannt, haftet schon lange kein Öko-Image mehr an – und wenn, dann im Positiven. Mit natürlichen Inhaltsstoffen und breiter Farbpalette helfen sie, eine Immobilie zu einem gesundheitsfördernden Zuhause zu machen. Ob auf Basis von Kalk, Lehm, Silikat, Kasein, Leim oder Naturharz: Wir beleuchten für Sie die Unterschiede und „Einsatzgebiete“ dieser Farben.
- Wandfarbe: Pigmente brauchen Helfer
- Wohngesunde Wandfarben: Reduktion als Prinzip
- Leimfarbe: eine abwaschbare Wandfarbe
- Dispersionsfarbe: wohngesunde Naturharz-Variante wählen
- Kalkfarbe und Kreidefarbe: wohngesunde Wandfarben aus Tradition
- Silikatfarbe: wohngesunde Wandfarben-Variante für Feuchträume
- Lehmfarbe: bei den wohngesunden Wandfarben im Trend
- Kaseinfarbe: wohngesunde Wandfarbe für Wohn- und Schlafräume
- Untergrund: muss die Wandfarbe mögen
- Gütesiegel und Beratung: wohngesunde Wandfarben wählen
- Jetzt weiterlesen: Baubiologie
Ein wohngesundes Zuhause ist nicht nur die Summe aus natürlichen Baustoffen und Holzfußböden. Auch – oder ganz besonders – die Wandfarben spielen eine große Rolle. Sie runden die Wohlfühlatmosphäre im Innern ab. Gerade Familien, Allergiker und Haustierbesitzer sollten sehr genau hinschauen, welches Kleid ihre Wände ziert – und wie der Putz darunter beschaffen ist. Denn das Thema Wandfarbe ist nicht nur eine Frage der Optik, sondern auch des Raumklimas und der Gesundheit. Darum sollten Sie auf Farben setzen, die ohne Lösemittel, Weichmacher sowie Biozide auskommen und minimal ausdünsten: Naturfarben – wohngesunde Wandfarben mit natürlichen Inhaltsstoffen. In unserer Übersicht stellen wir Ihnen ökologische Farben für Wohn-, Schlaf- und Nassräume vor, die Sie in Fachgeschäften und auch im Baumarkt kaufen können.
Wandfarbe: Pigmente brauchen Helfer
Am Anfang jeder Zusammensetzung einer Wandfarbe stehen die Pigmente. Um es Farbpigmenten zu erleichtern, sich miteinander und mit ihrem Untergrund zu verbinden, kommen Bindemittel wie etwa Glutinleime oder Methylcellulose dazu. Lösungsmittel machen das Gemisch streichbar: Je nach Art der Wandfarbe werden bei wohngesunden Varianten Alkohol, pflanzliche Öle oder Wasser verwendet.
Wohngesunde Wandfarben: Reduktion als Prinzip
Um gesundheitsbeeinträchtigende Ausdünstungen und eine Belastung der Umwelt zu vermeiden, verzichten die Hersteller ökologischer, wohngesunder Wandfarben ganz oder zumindest weitgehend auf Verlaufsmittel, Füllstoffe, Konservierungsmittel und synthetische Zusätze. Auf diese Weise sind diese Naturfarben biologisch abbaubar. Der Verzicht von Inhaltsstoffen, die flüchtige organische Verbindungen (VOC) enthalten, sorgt dafür, dass die Farben beim Zersetzungsprozess keine schädlichen Rückstände hinterlassen und keine gesundheitsschädlichen Dämpfe an die Raumluft abgeben. Kinder, Asthmatiker und Allergiker profitieren davon in hohem Maße – ebenso Haustiere.
Leimfarbe: eine abwaschbare Wandfarbe
Eine klassische Leimfarbe ist wischfest, aber wasserlöslich. Das heißt: Wenn sie nicht gerade mit Kunstharz gemischt wurde – wenig ökologisch –, kann sie mit warmem Wasser von der Wand gewaschen werden. Im Farbergebnis ist sie hoch deckend. Da sie zugleich diffusionsoffen ist, kommt sie mit einem Untergrund aus Putz, Lehm, Stein und Gips zurecht. Außerdem kann man mit ihr auch Tapeten gut überstreichen. Für Bäder und das Gäste-WCs sollten Sie allerdings eine andere wohngesunde Wandfarbe wählen. Logisch: Wasserdampf würde dafür sorgen, dass diese Farbe nicht dauerhaft an den Wänden bleibt.

Dispersionsfarbe: wohngesunde Naturharz-Variante wählen
Dispersionsfarbe wird aus Pigmenten, Quarzmehl, Kalk oder Silikat und Wasser zusammengemischt. Wenn Sie in der Familienplanung stecken oder bereits Kinder oder Haustiere haben, sind Naturharz-Dispersionsfarben mit Lein- oder Rizinusöl eine gute Wahl.
Diese wohngesunde Wandfarbe hat den Vorteil, dass sie sich leicht streichen lässt, schnell trocknet und mit Wasser verdünnbar ist. Bei der Wahl des Untergrunds ist sie nicht besonders wählerisch, sodass sie gut haftet. Als weiterer Pluspunkt ist die Überstreichbarkeit zu nennen und dass sie sich auch in Feuchträumen wohlfühlt. Naturharz-Dispersionsfarbe kann man als „Universalgenie“ unter den wohngesunden Wandfarben sehen. Dazu ist sie recht günstig. Im Gegensatz zur Kunststoff- oder Acryl-basierten Dispersionsfarbe, die in etwa 4 Stunden trocken ist, dauert die Trocknungszeit bei der Variante mit Rizinus- oder Leinöl nach unseren Recherchen zwischen 16 und 24 Stunden. Man braucht also etwas Geduld!
Kalkfarbe und Kreidefarbe: wohngesunde Wandfarben aus Tradition
Kalkfarbe und Kreidefarbe gehören zu den Wandfarben, die bereits in alter Zeit zum Einsatz kamen und seit einigen Jahren eine Renaissance erleben. Wie der Namen schon sagt, besteht Kalkfarbe hauptsächlich aus Kalk, genauer Sumpfkalk, und Wasser, während Kreidefarbe gemahlene Kreide enthält. Dazu kommen Zellulosefasern und Erd- oder Mineralpigmente. Kreidefarbe bringt im Grunde die gleichen Vorteile mit wie Kalkfarbe, auf die wir nun näher eingehen.
Kalkfarbe gehört dank ihres hohen pH-Werts (etwa 12 pH) zu den stark alkalischen Farben. Darum ist sie keim- und schimmelresistent. Sie zeichnet sich zudem durch ihre Diffusionsoffenheit aus: Dadurch ist die Kalkfarbe atmungsaktiv und in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen und abzugeben – der Fachmann zählt die Farbe deshalb zu den „ventilierenden Farbe“ – und Gerüche zu binden. Außerdem gilt Kalkfarbe als bakterienresistent.

Der Nachteil bei der Verarbeitung von Kalkfarbe: Sie muss mehrmals auf die Wand aufgebracht werden, bis sie einigermaßen gleichmäßig deckt und hat eine verhältnismäßig lange Trockenzeit. Danach ist diese Farbe eher schlecht entfernbar, aber nicht abriebfest. Ihr Vorteil liegt in der filternden Eigenschaft: Sie schafft eine gute Raumluft.
Silikatfarbe: wohngesunde Wandfarben-Variante für Feuchträume
Silikatfarbe oder Mineralfarbe besteht aus zwei Komponenten: Farbpigmenten und Kaliumsilikat. Ähnlich wie Kalkfarbe verfügt sie über einen hohen pH-Wert und macht es Schimmel, Keimen und Algen schwer, sich auf Wänden und Decken auszubreiten. Da sie sowohl diffusionsoffen als auch langlebig sowie wasserfest ist, gilt sie als gute Wahl für Badezimmer und Gäste-WCs. Bestimmte wohngesunde Wandfarben können somit auch in Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit zum Einsatz kommen. Latexfarbe1 ist keine wohngesunde Alternative.

Aber Achtung: Silikatfarbe ist etwas eigen bei ihren Begleitern. Es kommt beim Streichen zu einer „Verkieselung“ des Untergrunds: Sie verbindet sich fest und untrennbar mit ihm. Gipsplatten und Gipsputz sind für diese Farben deshalb kein geeigneter Untergrund. Hier verwendet man am besten Mineralputz. Damit das Farbergebnis schön wird, brauchen Sie mindestens drei Durchgänge beim Streichen.
Lehmfarbe: bei den wohngesunden Wandfarben im Trend
Lehmfarbe besteht aus Tonmehlen, Zellulosefasern, Pflanzenstärke, pflanzlichem Eiweiß sowie Erd- oder Mineralpigmenten. Sie erscheint in eher erdigen Farbnuancen und erreicht einen intensiven, matten Farbton. Lehmfarbe wirkt atmungsaktiv und feuchtigkeitsregulierend. Wenn der Untergrund passt, ist die Farbe gut auftragbar und hält auch dauerhaft. Für Bäder und Gäste-WCs eignet sie sich allerdings weniger, da sie nicht wasserfest ist. Im Wohnzimmer profitieren alle Bewohner von dieser diffusionsoffenen, schadstofffreien und dazu günstigen Farbe. Ähnlich wie Kalkfarbe ist Lehmfarbe eine Künstlerin darin, schlechte Gerüche zu binden. Der passende Untergrund ist Lehmputz, denn dieser ist ebenfalls atmungsaktiv. Bis zu einem gewissen Grad können wohngesunde Wandfarben also auch die Funktion eines „Geruchskiller“ übernehmen.
Kaseinfarbe: wohngesunde Wandfarbe für Wohn- und Schlafräume
Kaseinfarbe würde ein Kind als idealen Anstrich für das Haus einer Maus einschätzen. Denn Kasein ist ein Käsestoff, der mit fettarmer Milch erzeugt wird, also ein natürliches Milcheiweiß. Dazu kommen Erd- und/oder Mineralpigmente. Der Vorteil: Kaseinfarbe verfügt über eine starke Deckkraft – ganz besonders, wenn Marmormehl oder Kreide beigemischt wird – , eine hohe Bindefähigkeit sowie eine gute Dampfdurchlässigkeit. Außerdem ist sie wischfest.
Eine hohe Raumfeuchtigkeit, wie sie in der Küche oder in sanitären Räumen entsteht, ist allerdings nichts für diese Farbe. Dann wird sie anfällig für Schimmel. In Wohn- und Schlafräumen können Sie sie aber bedenkenlos einsetzen. Anfangs verströmt Kaseinfarbe einen starken Geruch. Kaseinfarbe ist eine gute Partnerin von Kalk- und Lehmputz.

Untergrund: muss die Wandfarbe mögen
Sie habe es in diesem Beitrag schon mehrfach gelesen: Wichtig ist, dass zwischen Putz und Farbe die Chemie stimmt. Wo wohngesunde Wandfarben auf Mineralbasis im Einsatz sind, muss auch der Untergrund mineralisch sein. Wie bereits oben geschrieben, sind Gipsplatten oder Gipsmörtel, obwohl ökologisch einwandfrei, für diese Wandfarben daher keine geeigneten Begleiter – wohl aber für Naturharz-Dispersionsfarben.
Es gibt für den Gipsputz wunderbare Alternativen: Mineralische Kalkputze sind aufgrund ihrer alkalischen Beschaffenheit nicht nur schimmelresistent, sondern zeigen auch Algen die rote Karte. Lehmputz bildet eine ideale Kombination mit Lehmfarbe. Als schneller trocknende und im Vergleich zum reinen Lehmputz robustere Variante gibt es den Lehm-Gipsputz. Auch die Kaseinfarbe sei noch einmal erwähnt: Sie fühlt sich auf Gipskartonplatten, Raufasertapeten und Holz wohl.

Gütesiegel und Beratung: wohngesunde Wandfarben wählen
Für welche Variante Sie sich auch entscheiden: Am besten fragen Sie einen Fachmann, ob sie zu Ihren ästhetischen Vorstellungen sowie dem Untergrund und Mauerwerk passt und die gewünschten Eigenschaften mitbringt.
Einen Anhaltspunkt, ob bestimmte wohngesunde Wandfarben umweltverträglich und gesundheitlich unbedenklich sind, gibt das europaweit gültige Gütesiegel natureplus. In Form einer umfangreichen Datenbank listet der Verein alle von natureplus zertifizierten Produkte – inklusive der wesentlichen produktspezifischen Daten und Prüfergebnisse.
Auch das EU-Ecolabel oder das Siegel Blauer Engel geben Aufschluss, ob die Zusammensetzung allergikergerecht ist.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bietet zudem eine kostenfreie Schadstoffberatung per E-Mail an.
Jetzt weiterlesen: Baubiologie
Möchten Sie mehr über wohngesundes Wohnen erfahren? Dann lesen Sie gleich weiter! In unserem Beitrag über Baubiologie können Sie sich informieren, was ein Baubiologe leistet und wann sein Einsatz hilfreich ist. Außerdem erfahren Sie, wo Sie sich über Kosten und emfpehlenswerte Experten informieren können. Viel Spaß dabei!
- Latexfarbe besteht aus Kunstharz, ist aber strapazierbarer als normale Dispersionsfarbe, weil sie mehr Bindemittel mitbringt. Viele Menschen verwenden diese Farbe im Treppenhaus, Flur, in der Küche oder im Bad. Das liegt auch nahe. Sie lässt sich aber nur mit viel Aufwand wieder entfernen und nicht gut mit anderen Farben überstreichen. Obwohl viele Latexfarben heutzutage als diffusionsfähig beworben werden, sollten Allergiker aufgrund der Bindemittel zu Naturfarben greifen. ↩︎
Text: | Kerstin Funke |
Title Image: | skynesher |