Vor wenigen Tagen veröffentlichten die Landesbausparkassen (LBS) den Bericht „Markt für Wohnimmobilien 2020“. Darin geht es um aktuelle Einschätzungen zur Situation auf dem aktuellen Immobilienmarkt in Deutschland, insbesondere auch zu den Corona-Auswirkungen auf den Markt. Wir sprachen mit Axel Guthmann, Verbandsdirektor der LBS, über aktuelle Markt-Entwicklungen und erfuhren unter anderem, wie sich die Corona-Pandemie auf den Wohnimmobilienmarkt ausgewirkt hat.
- Gehen Sie davon aus, dass der Wohnungsmarkt weiter angespannt bleibt, oder werden sich die Preise Ihrer Voraussicht nach in der zweiten Jahreshälfte 2020 und in 2021 beruhigen?
- Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Immobilienmarkt?
- Können Sie auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Finanzierungsverhalten der Käufer feststellen?
- Auf welche Faktoren führen Sie die Preissprünge in Hamburg und im Umland sowie im Regierungsbezirk Düsseldorf zurück? Haben die Standorte Berlin und München Ihrer Ansicht nach einen Sättigungsstand erreicht?
- Vielen Dank für das Gespräch!
Gehen Sie davon aus, dass der Wohnungsmarkt weiter angespannt bleibt, oder werden sich die Preise Ihrer Voraussicht nach in der zweiten Jahreshälfte 2020 und in 2021 beruhigen?
Axel Guthmann: Vereinfacht gesagt ergibt sich das aus dem Dreiklang von Bautätigkeit, Nachfrage nach Immobilien sowie Sondereffekten infolge der Corona-Pandemie. In puncto Neubau sind inzwischen doch einige Regionen auf einem gutem Weg. Nach wie vor wird aber noch lange nicht so viel gebaut, dass allein dies zu einem Preisverfall führen könnte. Wegen der niedrigen Zinsen werden vor allem Eigentumswohnungen in den hiesigen Metropolen als Anlageobjekte weiterhin hoch im Kurs stehen. Auf einem anderen Blatt steht – und hier kommt Corona ins Spiel – wie viele Menschen sich künftig noch die eigenen vier Wände leisten können und wollen. Während der Eigentumserwerb derzeit eher am fehlenden Eigenkapital scheitert, könnte künftig eine unklare Einkommenssituation als Hemmnis dazukommen. Dies hängt auch davon ab, wie sich die Arbeitslosigkeit entwickelt und wie die erwartete Insolvenzwelle verläuft.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf den Immobilienmarkt?
Axel Guthmann: Ganz offensichtlich hatte der Lockdown zunächst nur eine Folge: Das Angebot ist vorübergehend geschrumpft, es gab eine Zeit lang weniger Inserate. Trotzdem – oder vielleicht sogar deshalb – sind die durchschnittlichen Preise der angebotenen und vermittelten Objekte anders als von viele Analysten erwartet weiter gestiegen. Inzwischen normalisiert sich auch das Transaktionsvolumen wieder. Auf dem Bau kam es Umfragen zufolge zwar zu Verzögerungen, inwieweit dies die Fertigstellung von neuen Wohnungen ausbremst, wird sich aber erst noch zeigen. Genehmigt wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres sogar mehr Wohnungen als im ersten Halbjahr 2019.
Was wir auch noch nicht wirklich beobachten können, aber annehmen – und worauf Umfragen auch hindeuten –, ist etwas anderes: Die Wohn- und Wohnortpräferenzen der Bundesbürger dürften sich verschieben. Waren viele bis vor Kurzem noch bereit, für ein Zuhause in der Stadt Abstriche an der Quadratmeterzahl zu machen, werden künftig wohl Eigenheime mit mehr Platz und Garten wieder stärker gefragt sein. Und vielleicht lässt sich dieser Wunsch bald auch besser realisieren. Denn wenn immer mehr Unternehmen höhere Homeoffice-Anteile zulassen, wird es möglich, weiter außerhalb zu wohnen, wo die Preise noch günstiger sind.
Können Sie auch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Finanzierungsverhalten der Käufer feststellen?
Axel Guthmann: Bisher liegen uns dazu noch keine Erfahrungswerte aus der Praxis vor. Es ist zu vermuten, dass die Käufer tendenziell mit mehr Eigenkapital finanzieren und längere Laufzeiten bei geringeren monatlichen Belastungen wählen wollen. Zudem könnte es sein, dass Restschuldversicherungen häufiger genutzt werden, um die durch Corona drohenden Risiken abzusichern. Recht wahrscheinlich ist auch, dass die Nachfrage nach Baufinanzierungen in jenen Berufsgruppen deutlich zurückgehen wird, die unter der Pandemie besonders leiden.
Auf welche Faktoren führen Sie die Preissprünge in Hamburg und im Umland sowie im Regierungsbezirk Düsseldorf zurück? Haben die Standorte Berlin und München Ihrer Ansicht nach einen Sättigungsstand erreicht?
Axel Guthmann: Ich würde solche Vergleiche gerade im Moment nicht zu hoch hängen. Die aktuellen Preisentwicklungen sind eher als erratisch einzustufen, weil die Zahl der Angebote und Verkäufe im zweiten Quartal infolge der Kontaktbeschränkungen stark gesunken ist.
Vielen Dank für das Gespräch!
Erfreulich ist, dass die Corona-Situation sich nicht derart dramatisch auf den Markt ausgewirkt hat, wie zunächst erwartet. Lesen Sie hier, wie Sie aktuell Ihre Immobilienfinanzierung bestmöglich handhaben können.
Unser Titelbild zeigt das Bauvorhaben „an den siebenquellen Geislingen“ mit 61 Reihenhäusern in Geislingen. Bild: Traumhaus AG