Ehevertrag, Grundbuch und Schenkung:  Immobilienangelegenheiten rechtssicher regeln

Ehevertrag, Grundbuch und Schenkung: Immobilienangelegenheiten rechtssicher regeln

Ehevertrag, Grundbuch, Schenkung - Das sind Themen, die nicht nur im Fall einer Trennung immens wichtig werden können. Als Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Erbrecht gehört Agnes Fischl-Obermayer zu den führenden Ansprechpartnerinnen, wenn es um komplizierte Immobilienfragen geht. neubau kompass Redakteurin Kerstin Funke hat der Expertin aus München fünf Fragen gestellt.

Foto Agnes Fischl-Obermayer

Agnes Fischl-Obermayer

Agnes Fischl-Obermayer gibt auf zahlreiche juristische Fragen – nicht nur zu komplizierten Immobilienangelegenheiten – wertvolle Antworten. Sie ist Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachanwältin für Erbrecht.  Darüber hinaus ist sie Geschäftsführerin der ACCONSIS GmbH in München.

Acconsis GmbH

Kleiner Exkurs zu Beginn: Zugewinngemeinschaft und Ehevertrag

Ehe wir in das spannende Gespräch mit Agnes Fischl-Obermayer eintauchen, finden Sie im Folgenden drei Möglichkeiten, wie Paare ihre Vermögensverhältnisse in der Ehe angehen können.

Zugewinngemeinschaft

In Deutschland geht der Gesetzgeber bei der Eheschließung eines Paars automatisch von einer Zugewinngemeinschaft aus. Bei diesem Modell ist das Vermögen der Eheleute getrennt bis die Ehe endet. Das heißt: Wenn sich das jeweilige Vermögen im Lauf der Ehe vermehrt, gehört der Zuwachs in den Augen des Gesetzgebers nur dem Ehegatten, der den Zugewinn erarbeitet hat. Wenn die Ehe aber endet – ob durch Scheidung oder Tod –, erfolgt im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung die Berechnung und Abwicklung des sogenannten Zugewinnausgleichs. Die meisten Menschen in Deutschland leben in dieser Form der Ehe.

Modifizierte Zugewinngemeinschaft

Es gibt die Möglichkeit, eine modifizierte Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren. Bezüglich des Zugewinns können Sie per Ehevertrag festlegen, welche Vermögenswerte zum Zugewinn gerechnet werden sollen und welche dabei nicht berücksichtigt werden sollen – zum Beispiel Erbschaften und Schenkungen, die nur an einen Ehepartner gehen. Bei einer Scheidung bleiben so bestimmte, vom Zugewinn ausgenommene Vermögenswerte unangetastet.

Gütertrennung

Wer eine strikte Gütertrennung bevorzugt, kann auch einen Ehevertrag nach diesem Modell abschließen. Das bedeutet für die Ehepartner: Jeder steht bei einer Scheidung oder im Todesfall des Partners mit seinem Vermögen allein. Es findet somit kein Zugewinnausgleich statt. Auch während der Ehe heißt das: Jeder Ehepartner verfügt und haftet eigenmächtig über sein eigenes Vermögen – ohne Verfügungsbeschränkungen. Dieses Modell stellt die Ausnahme dar.

Spannende Einblicke ins Immobilienrecht gibt das folgende Interview. Jetzt weiter informieren!

neubau kompass:
Frau Fischl-Obermayer, zwei Partner möchten ein Haus bauen. Einer besitzt ein Grundstück, das bebaut werden soll. Wie kann man regeln, dass beide Partner im Grundbuch stehen und zugleich der Beitrag des Grundstückseigentümers adäquat berücksichtigt wird?
Agnes Fischl-Obermayer

Der Eigentümer des Grundstückes wird auch gleichzeitig Eigentümer des Gebäudes. Aus diesem Grund ist eine Eintragung des Partners unabdinglich. Um die unterschiedlich eingebrachten „Leistungen“ zu berücksichtigen, muss das Verhältnis zwischen Gebäudewert und Grundstückswert berechnet werden. In diesem Verhältnis kann die Eintragung des neuen – weiteren – Grundstückseigentümers ins Grundbuch erfolgen. Wichtig ist, dabei auch zu berücksichtigen, dass die künftige Entwicklung des Werts für das Gebäude und die für das Grundstück unterschiedlich ausfallen können. Wenn derjenige, der sich nur an den Gebäudekosten beteiligt, später im Fall eines Verkaufs der Immobilie oder im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung bei einer Scheidung nicht an der Werterhöhung des Grundstücks partizipieren soll – soweit damit überhaupt noch gerechnet werden kann – dann muss dies im Rahmen eines notariellen Vertrags vereinbart werden.

Es empfiehlt sich grundsätzlich, alle Vereinbarungen notariell beurkunden zu lassen. Dies bietet Rechtssicherheit und stellt sicher, dass alle Aspekte wie Eigentumsanteile, Finanzierungsbeiträge und Verantwortlichkeiten klar geregelt sind.

neubau kompass:
In welchen Fällen ist es sinnvoll, dass nur ein (Ehe)Partner ins Grundbuch eingetragen wird? Wie lässt sich der andere Partner absichern?
Agnes Fischl-Obermayer

Da gibt es vor allem einen Fall: Der Eigentümer hat Vermögen, auf das ein eventueller Gläubiger zugreifen kann. Letztlich sollte die Absicherung des nicht eingetragenen Ehegatten durch einen Ehevertrag und/oder auch eine erbrechtliche Regelung erfolgen. Dazu ist es wichtig, zugunsten ihm oder ihr ein dinglichen Recht wie ein Nießbrauch- oder Wohnrecht im Grundbuch fixieren zu lassen. Mit einem solchen Vertrag ist auch im Fall einer Scheidung der finanzielle Beitrag des nicht im Grundbuch miteingetragenen Ehegatten gesichert. Hier kann ebenfalls zusätzlich geregelt werden, ob er oder sie an einer späteren Werterhöhung der Immobilie partizipieren soll oder nicht. Denken Sie außerdem an den Todesfall: Gerade dann sollte der nicht eingetragene Ehegatte oder die Ehegattin eine zuverlässige Versorgung erhalten.

neubau kompass:
Wie lässt sich über Ehevertrag oder Testament regeln, dass im Fall einer Trennung, Scheidung oder eines vorzeitigen Ablebens eines Erben/Beschenkten die Immobilie an die Familie, aus der das Vermögen stammt, zurückfällt? Wie kann der Partner abgesichert werden, damit er sein Zuhause behält?
Agnes Fischl-Obermayer

Im Rahmen einer Schenkung können unter bestimmten Umständen Rücktrittsrechte vereinbart werden. Allerdings sind Rücktrittsrechte bei Geldschenkung in der Abwicklung dann schwierig, wenn der Beschenkte frei über diese Geldschenkung verfügen kann. Ein Rücktritt könnte dann ins Leere gehen.

In einem Ehevertrag kann durch eine Gütertrennung oder eine modifizierte Zugewinngemeinschaft festgelegt werden, dass bestimmte Vermögenswerte wie künftige Erbschaften oder Schenkungen vom gemeinsamen Vermögen ausgenommen sind.

Im Fall einer Erbschaft stellt sich immer wieder die Frage, wie lange der Erblasser Handlungsanweisungen geben will. Mit dem Tod sollte der Nachlass allgemein oder der Nachlassgegenstand in die Verfügungsmacht des Erben oder Vermächtnisnehmers eingehen. Dieser muss dann selbstständig für die Fälle seiner Lebensrisiken sorgen – etwa über einen Ehevertrag oder ein Testament.

neubau kompass:
Angenommen, es wurden Kosten für die Einrichtung einer Immobilie nur von einem Partner bezahlt. Wie lässt sich das rechtssicher dokumentieren, damit es im Fall einer Scheidung, Trennung oder bei Erbschaftsangelegenheiten zugunsten des Leistenden oder seiner/ihrer Angehörigen berücksichtigt wird?
Agnes Fischl-Obermayer

Für die Zukunft ist wichtig: Setzen Sie auf einen Ehevertrag, in dem die finanziellen Beteiligungen und die sich ergebenden Ausgleiche geregelt werden. Gegebenenfalls muss auch in einem Testament geregelt werden, wie die Beiträge der Partnerin oder des Partners im Falle eines Erbfalls behandelt werden sollen.

neubau kompass:
Erben ist seit 2023 sehr viel teurer. Welchen Tipp geben Sie Immobilieneigentümern und Wertdepot-Inhabern, die ihren Nachkommen hohe Steuerabgaben ersparen möchten?
Agnes Fischl-Obermayer

Aufgrund der Änderungen des Bewertungsgesetzes ist vor allem der steuerliche Wert von Immobilien enorm gestiegen. Hier stellt sich allerdings in vielen Fällen die Frage, ob der Verkehrswert zum heutigen Zeitpunkt diesem veranschlagten steuerlichen Immobilienwert überhaupt noch entspricht.

Letztlich sollte mit der Übergabe von Immobilienvermögen früh genug begonnen werden. Wobei ich bei Beratungen immer wieder darauf hinweise, dass Geschenke nicht mehr so ohne weiteres zurückgeholt werden können. Mandantinnen und Mandanten, die über eine Schenkung nachdenken, gebe ich den Rat, auch an ihre eigene Versorgung zu denken.

neubau kompass
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Interview:   Kerstin Funke
Title Image:   pexels/cottonbro

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