Der kommende Immobilienmarkt in Deutschland – Warum kaufen besser ist als mieten – so der Titel des soeben erschienenen Buchs des Immobilien-Experten Rolf Elgeti.
Rolf Elgeti fasst die Kernthesen seines neuen Buchs in diesem Gastbeitrag zusammen:
In diesem Buch werden viele Thesen aufgestellt und begründet. Einige von ihnen mögen auf den ersten Blick unpopulär, manche auch auf den ersten Blick wenig intuitive sein. Da in Deutschland im allgemeinen eine sehr negative Meinung gegenüber Wohnimmobilien vorherrscht, mag vieles auch überraschend und provokativ klingen.
Zwei Punkte erscheinen mir besonders wichtig im Zusammenhang des deutschen Wohnungsmarktes: Erstens wohnen wir im Durchschnitt viel günstiger, als dies nachhaltig wäre und zweitens verpassen wir als Gesellschaft große Chancen, indem wir bisher keine weit gestreute Wohnungseigentümerkultur aufgebaut haben. Beides wird sich meiner Meinung nach ändern: Das erste wird Schmerzen verursachen, dass zweite Chancen mit sich bringen.
Deutsche Wohnungen sind günstig. Das ergibt sich daraus, dass man sie an vielen Orten für einen Preis kaufen kann, der teilweise deutlich unter ihren Herstellungskosten liegt. Die Wirtschaftsgeschichte lehrt, dass Preise nur sehr selten sehr lange unter diesen Kosten liegen können. Deutscher Wohnraum ist allerdings auch unterbewertet, wenn man die momentanen durchschnittlichen Mieten mit den Finanzierungskosten des Wohnbestandes vergleicht.
Das Dramatische an dieser These ist aus meiner Sicht, dass diese Investitionslogik für deutsche Wohnungen sogar bei dem momentanen Mietniveau greift. Dabei sind diese Mieten eigentlich ebenfalls wirtschaftlich unnatürlich niedrig. Sie rechtfertigen im Durchschnitt jedenfalls keinen Wohnungsneubau und in vielen Lagen noch nicht mal eine Sanierung von bestehenden Wohnraum.
Genauso wie vor einer guten Dekade bei einem Ölpreis von zehn Dollar je Fass nicht in eine neue Förderkapazitäten investiert wurde, weil es sich nicht aus Sicht der Produzenten nicht lohnte, werden jetzt in Deutschland fast keine neuen Wohnungen mehr gebaut, weil sich das aus Sicht der Bauunternehmen einfach nicht rechnet. Das störte bei einem Ölpreis von zehn Dollar kaum jemanden, genauso wie es im Moment niemanden zu beunruhigen scheint, dass in Deutschland so wenig gebaut wird – schließlich ist noch genügend Leerstand vorhanden, allerdings schon längst nicht mehr überall.
Damit die Ölunternehmen wieder in das Erschließen neuer Ölfelder investiert haben, musste der Ölpreis sich etwa vervierfachen und hat sich seitdem noch mehr als verdoppelt. Die Mieten in Deutschland müssen vergleichsweise um „nur“ ca. 50% steigen, bevor sich der Wohnungsbau wieder lohnt. Natürlich kann man nicht ausschließen, dass die Mieten lokal aufgrund von dort nicht befriedigter Nachfrage auch wesentlich mehr steigen können.
Das einzige wirklich ernst zu nehmende Gegenargument, was man diesem Trend entgegenstellen könnte, wäre ein so starker Bevölkerungsrückgang, dass trotz mangelnden Angebots immer noch ein Überschuss an Wohnungen entstehen würde. Diese Sichtweise ist weit verbreitet, allerdings basiert sie nicht auf den Fakten: Trotz mangelnder Bevölkerungsdynamik wächst in den Deutschland die Anzahl der Haushalte, weil aufgrund verschiedener im Buch beschriebener Trends die durchschnittliche Haushaltsgröße fällt. Hinzu kommt, dass selbst wenn dies eine Tages nicht mehr der Fall wäre, es immer noch zu lokalen Wohnungsknappheiten führen sollte, weil es innerhalb von Deutschland eine oft unterschätzte Bevölkerungswanderung gibt – und dies auch nicht nur von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, die Realität ist wesentlich komplizierter.
Damit spricht die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland aus meiner Sicht für steigende Mieten und für steigende Wohnungspreise – und aller Voraussicht auch für steigende Preise im Verhältnis zur Miete, was nichts anderes bedeutet, als dass die Wohnungspreise in der nächsten Dekade noch stärker steigen können als die Mieten.
Dies alles kann möglicherweise von weiteren Trends wie einer steigenden Inflation oder einer Verbesserung der Bankprodukte im Immobilienbereich noch verstärkt werden und wie in vielen anderen Ländern auch eine gewisse Eigendynamik dadurch gewinnen, dass sich ein kultureller Wandel vom Mieten zum Kaufen entwickelt.
Die These, dass für viele – wenn auch nicht alle – Menschen das Kaufen von Wohneigentum sinnvoller als das Mieten sein sollte, ist die eine Seite dieser Diskussion um deutsche Immobilien. Der zweite Aspekt ist, dass ein Land, indem es viele Wohnungseigentümer gibt, viele Vorteile genießt.
Als jemand, der diese Dynamik privat und geschäftlich in vielen Ländern beobachten durfte, liegt mir daran, diese Vorteile eines breit gestreuten Wohnungsmarkt auch in die hiesige Diskussion einzubringen, was kein einfaches Unterfangen ist.
Dabei sind die Vorteile, die eine Gesellschaft von Wohnungseigentümern statt Mietern mit sich bringt, nicht nur wirtschaftlicher Natur. So gibt es viele Gründe zu glauben, dass Wohnungsbesitzer eine Demokratie stabilisieren. Auch das Schützen des Kulturgutes, dass in den deutschen Baudenkmälern – und damit sind nicht nur die offiziellen gemeint – enthalten ist, ließe sich ohne privates Kapital kaum realisieren.
Darüber hinaus sind allein die wirtschaftlichen Konsequenzen eines breit gestreuten Wohnungsmarktes beachtlich. Wichtig erscheinen mir neben den offensichtlichen Dingen wie eine Förderung der Baukonjunktur vor allem drei Aspekte. Erstens wird die private Altersvorsorge effizient aufgebaut und teilweise vor Inflationsrisiken geschützt.
Zweitens ergibt sich eine viel bessere Marktsegmentierung in der Wohnungswirtschaft insgesamt, so dass die Wohnungen insgesamt viel besser auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden und gleichzeitig im Durchschnitt auch billiger hergestellt werden könnten. Drittens wird eine Gesellschaft von Eigentümern statt Mietern insgesamt risikofähiger, weil die Risiken des Wohnungsmarktes von denjenigen getragen werden, die dafür am besten positioniert sind. Das würde in der deutschen Wirtschaft einen Pool von Risikokapital freisetzen, der deutlich sinnvoller in zukünftiges Wachstum investiert werden könnte, zum Beispiel durch Forschung und Ausbildung.
Zusammengefasst verpassen wir meiner Meinung nach in Deutschland viele Chancen dadurch, dass der Wohnungskauf weder so gesellschaftlich akzeptiert noch so politisch gefördert ist wie in anderen Ländern.
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Über den Autor: Rolf Elgeti ist Gründer und Managing Director der Investmentgesellschaft Elgeti Ashdown Advisers Ltd. Vorher war er acht Jahre u. a. bei ABN AMRO als Analyst in London tätig und setzte sich während dieser Zeit intensiv mit dem deutschen Immobilienmarkt auseinander. Er wurde zwei Mal zum besten europäischen Aktienstrategen gewählt. Elgeti hat in Mannheim und Paris Betriebswirtschaftslehre studiert und lebt mit seiner Familie in London.
Der kommende Immobilienmarkt in Deutschland, von Rolf Elgeti, erschienen im Finanzbuch Verlag (März 2008), 250 Seiten, EUR 34,90, ISBN-10: 3898793737 (Buch bestellen bei amazon.de).