Gebäudetyp E – Einfach – experimentell und energiebewusst

In Bayern soll künftig der neue Gebäudetyp E eingeführt werden. Dabei handelt es sich um eine Initiative der Bayerischen Architektenkammer. Der neue Gebäudetyp soll den Wohnungsbau ankurbeln, indem bürokratische Hürden und finanzielle Belastungen deutlich reduziert werden.

Der Kern der Idee ist ebenso simpel wie genial: Für den Gebäudetyp E sollen nur noch die baurechtlichen Vorgaben zwingend gelten, die für die Bereiche Umweltschutz, Standsicherheit und Brandschutz wichtig sind. Alles andere kann optional zwischen Bauherr und Architekt in einem privatrechtlichen Vertrag festgehalten werden. In diesem Beitrag lesen Sie, wie der in Bayern geplante Gebäudetyp E auch bundesweit das Bauen vereinfachen könnte.

Da ein Bau des Gebäudetyps E bei den Bauherren einiges an Fachwissen erfordert, soll dieser Bautyp zunächst nur von Bauherren wie Wohnungsbaugesellschaften und Gemeinden umsetzbar sein.

Hintergrund: Warum ein neuer Gebäudetyp?

Grundstückspreise steigen, gerade in Ballungsgebieten, immer weiter. Roh- und Baustoffe werden ebenfalls teurer. Und auch die Energiepreise explodieren. Hinzu kommt der stetig wachsende Fachkräftemangel, so dass die Personalkosten auf dem Bau ebenfalls steigen. Insgesamt werden Neubauvorhaben immer teurer und auch für große, etablierte Bauträger und Kommunen kaum mehr finanzierbar.

Bild: Jason Groh/pixabay

Nicht zu vergessen die hohen bürokratischen Hürden, die das Bauen komplizierter und teurer machen, wie die Bayerische Architektenkammer betont. Es gibt derzeit in Deutschland über 3.000 DIN-Normen, die Regelungen zu Bauthemen beinhalten. Die Kritik aus Bayern, die jedoch auch von der Bundesarchitektenkammer geteilt wird, lautet: Diese Normen werden inzwischen so behandelt, als ob sie den Mindeststandard eines Bauwerks beschreiben. Dies sei jedoch keinesfalls so. Vielmehr würde die Mehrzahl der DIN-Normen über den Standard hinausgehende Komfortausstattungen betreffen.

Zu viele Normen machen Bauen kompliziert

Beispiele für Normen, die nach Ansicht der Initiatoren des Gebäudetyps E sowie der Bundesarchitektenkammer über den Mindeststandard hinausgehen, betreffen Fragen wie Dicke von Geschossdecken, Schallschutz und die Frage, ob Leitungen wirklich immer unter Putz verlegt werden müssen. Durch die Einhaltung der Normen wird jedes Bauvorhaben nicht nur komplizierter, sondern auch teurer. Hält ein Architekt die Normen nicht alle ein, so kann er vom Bauherren verklagt werden. Das gilt auch dann, wenn das Haus einwandfrei funktioniert.

Laut Definition sollen für Gebäude des Typs E nur die für Umweltschutz, Standsicherheit und Brandschutz relevanten Bauvorschriften eingehalten werden. Alle anderen Normen sollen nur dann anwendbar sein, wenn diese im privatrechtlichen Vertrag zwischen Architekt und Bauherr festgeschrieben wurden. Auf diese Weise wird verhindert, dass der Architekt für jede Abweichung von den DIN-Normen in Haftung genommen werden kann.

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Sollte der Gebäudetyp E tatsächlich als Standard in die Bauordnung eingeführt werden, könnten, so sind sich die Initiatoren aus Bayern sicher, mehrere Probleme auf einmal gelöst werden: Immobilien mit Mietwohnungen könnten schneller und kostengünstiger realisiert werden. Aufgrund der geringeren finanziellen und rechtlichen Hürden würden Bauträger und Kommunen wieder vermehrt neue Bauprojekte starten. Das wäre eine Möglichkeit, um das Problem der Wohnungsnot in Ballungsgebieten zeitnah zu entschärfen.

Ausblick: So geht es weiter

Damit deutschlandweit der Gebäudetyp E errichtet werden kann, müssen noch einige rechtliche Hürden genommen werden: Es bedarf Änderungen in den Landesbauordnungen und der Gebäudetyp E müsste als Standard in das Bundesbaugesetz aufgenommen werden. Zudem müsste das Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden. Ob der Gebäudetyp E sich zeitnah durchsetzen kann, hängt daher maßgeblich vom politischen Willen in dieser Frage ab.

Bedenken hat bereits die für die DIN-Normen zuständige Behörde angemeldet: Ihrer Meinung nach sollten die Initiatoren des Projekts Gebäudetyp E sich in den Prozess zur Gestaltung von DIN-Normen einbringen. Vor allem widerspricht die Behörde dem Vorwurf, dass die baurechtlichen DIN-Normen zu einer qualitätsarmen Gleichförmigkeit führten.

Einigkeit besteht darüber, dass das Bauen nach dem Gebäudetyp E sich vorrangig für „erfahrene“ Bauherren eignet. Hierzu zählen vor allem öffentliche Bauherren und Wohnungsbaugesellschaften. Nur diese könnten abschätzen, ob und wenn ja welche DIN-Maßnahmen freiwillig über den Standard des Gebäudetyps E in den Vertrag mit dem Architekten aufgenommen werden sollen.

Text: Nicole Ziese

Bildnachweis Titelbild: © filmfoto – istockphoto.com

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