Ist der Standort, an dem heute die Theodor-Heuss-Brücke steht, bald eine renommierte Wohnadresse mit weitem Blick auf die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt? Visionen für eine neue Brücke in Düsseldorf schlagen hohe Wellen und sorgen für Gesprächsstoff. Das ortsansässige Architekturbüro RKW Architektur + und der Immobiliendienstleiter Jones Lang LaSalle (JLL) schufen im Rahmen eines städtebaulichen Workshops dieses Jahr auf dem Reißbrett ein mindestens 700 Millionen schweres Bauwerk, das als „Green Bridge“ jede Menge Möglichkeiten mit sich bringt: wohnen, einkaufen, Gastronomiebesuche und Wege für Autos und Radfahrer.
Eine Brücke eröffnet neue Wege
Der schlechte Zustand von vielen Brücken in Deutschland gilt auch für die Theodor-Heuss-Brücke, eine von sieben Brücken, die in Düsseldorf Verbindungen schaffen. Eine Sanierung oder ein Neubau stehen an, da die Brücke marode ist und seit November 2019 nicht mehr von Lastwagen mit mehr als 30 Tonnen Gewicht befahren werden darf. Die erste Schrägseilbrücke Deutschlands, 1957 fertiggestellt, ist als Wahrzeichen der Stadt über Düsseldorf hinaus bekannt und verbindet mit fast 1,3 Kilometern Länge die Stadtteile Golzheim auf der rechten Rheinseite mit dem linksrheinisch gelegenen Stadtteil Niederkassel. Die neue „Green Bridge“ würde breiter, aber natürlich nicht viel länger, und eröffnet sprichwörtlich neue Wege.
Innovative Mehrfachnutzung
So skizziert das „design.lab“ von RKW Architektur + einen multifunktionellen Neubau. Auf einer Breite von rund 65 Metern – die jetzige Brücke misst 27 Meter – könnten bis zu 400 Wohnungen entstehen und in der Landeshauptstadt für eine Entspannung des Marktes sorgen. Erweitert wird der so genannte Initiativentwurf durch Büroflächen, Gastronomie, ein Schwimmbad, ein Hotel. Die „innovative Mehrfachnutzung“ der Brücke ist das eine, der Verkehr das andere: Autos und Lastwagen fahren in einer vierspurigen Röhre, die im Innern des Bauwerks liegt. Lediglich in der Mitte, wo sich die Brücke auf 16 Meter verjüngt, käme der motorisierte Verkehr für 350 Meter kurz ans Tageslicht. Und der hat es in sich: Ausgelegt war die Brücke damals für rund 41 000 Fahrzeuge pro Tag, seit 2016 liegt die Zahl bei über 72. 000.
Radfahrer und Fußgänger genießen mehr Aussicht als die Autofahrer, denn nach den Plänen bleiben sie an der „frischen Luft“: Oberhalb der Röhre würde ein Park errichtet, der alle, die nicht motorisiert sind, von Golzheim nach Niederkassel bringt – und wieder zurück. Ein Landschaftspark mit 200 Bäumen, Solarpaneelen und Windturbinen zur Energieversorgung und Klimaneutralität, die Reduzierung von Lärmemissionen durch den Auto- und Lkw-Verkehr untendrunter – all das zählt zum Konzept der „Green Bridge“.
Wohnen und arbeiten oberhalb der Brückenpfeiler
Oberhalb der beiden großen Brückenpfeiler wäre nach den Planern der richtige Standort für die Wohnungen, Büros und das Hotel mit bis zu 350 Zimmern. Dort könnten auch die „Mobility Hubs“ untergebracht werden: Angebote für emissionsfreie Mobilität wie Car-Sharing-Standorte und Ladestationen für Elektroautos.
Mit all dem könnte die Brücke mehr als ein Instrument sein, um Menschen von A nach B zu bringen. Die Neue habe gute Chancen, so die Planer, zu einem zukunftsorientierten Denkmal zu werden und für Düsseldorf und seine Menschen in vielerlei Hinsicht Mehrwert zu schaffen. Auch die Makler von JLL betonen, dass die Stadt durch das futuristische Bauwerk neue Impulse bekomme, die weit über die Landeshauptstadt hinaus strahlen werden, zeichnet die Brücke sich doch durch Vielfältigkeit aus. Der Radschnellweg und Fußwege oben, die Röhre für alle Motorisierten unten, Nachhaltigkeit und Klimaneutralität: Durch das „Green-Bridge-Konzept“ bekäme die Stadt einen neuen Magneten. Das nicht nur für die künftigen Bewohner, Nutzer der Büroflächen oder Hotelgäste: Die Brücke könnte zum Ausflugsziel für viele Stadtbewohner werden, sollen doch auch Grillbereiche, Spielplätze und Verweilmöglichkeiten geschaffen werden.
700 Millionen oder mehr Euro für Düsseldorfs Neubau-Vision
Wer baut, braucht Geld. Nach Einschätzung von JLL sei es möglich, private Investoren zu finden. Ein mögliches Konzept wäre eine Public Private Partnership, in der Gelder aus öffentlicher Hand mit privaten Investments kombiniert werden. Die veranschlagten 700 Millionen könnten allerdings mehr werden. Eingerechnet in die Baukosten ist bereits die nötige Behelfsbrücke.
Die neue Living Bridge für Düsseldorf?
Ein Stück italienischer Kulturgeschichte in Düsseldorf? Immer mal wieder fällt im Rahmen der Planungen für den Ersatz der Theodor-Heuss-Brücke der Name „Ponte Vecchio“. Die historische Überquerung über den Arno und die älteste Brücke von Florenz, erbaut 1345, ist fast weltweit bekannt. Sie trug früher Wohnungen und Werkstätten der Gerber und Fleischereien und ist damit eine der ersten „Living Bridges“ (lebende Brücken). Lebende Brücken sind bebaute Brücken, was für die Ponte Vecchio schon immer galt. Fleischer und Gerber sucht man dort heute vergebens, denn zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden sie dort verboten, schmissen die Geschäftsleute doch ihre Abfälle einfach in den Fluss. Nur noch Silber- und Goldschmiede sowie Juweliere dürfen seit der Zeit die „Alte Brücke“ ihr Zuhause nennen. Die damaligen Häuser wurden um Balkone erweitert, die bis heute ein beliebtes malerisches Fotomotiv sind.
Nicht zuletzt durch die Touristen bleibt die Florenzer Brücke eine lebendige Brücke. Was könnte die Green Bridge also mit der „Ponte Vecchio“ irgendwann einmal gemein haben? Ganz sicher die Nutzung mit Gewerbeflächen und Wohnraum, ganz sicher aber auch die Vielfältigkeit und neue Lebendigkeit. Und irgendwann vielleicht den Status als beliebtes Fotomotiv.
Nicht nur Pläne für neue Brücken entstehen in der Rheinmetropole, auch interessante neue Bauvorhaben. Zum Beispiel MOTHES KARREE, angeboten von Tecklenburg Bauunternehmungen.
Diese und weitere Neubauwohnungen und Eigenheime finden Sie auf dem neubau kompass Düsseldorf.
Text: Andrea Hunkemöller
Titelbild: RKW Architektur + / formtool