Vor Kurzem berichteten wir über eine wichtige Innovation auf dem Immobilienmarkt: Neubau-Quartiere, deren Energieversorgung auf Wasserstoff basiert. Dimitrios Tassikas hat mit seinem Unternehmen einen Kraftakt gestartet, sich gegen viele Widerstände durchgesetzt und das „H2-Revier in Gütersloh“ auf die Beine gestellt. Unser Autor Andreas Fuhrich hatte Gelegenheit, mit ihm über das „H2-Revier“, seine Herausforderungen und Ideen zu sprechen.
- Was ist das Besondere am H2-Revier?
- Wie entstand die Idee zu diesem Projekt?
- Welche Hindernisse mussten oder müssen noch überwunden werden?
- Wann werden die ersten Wohnungen im H2-Revier voraussichtlich fertiggestellt sein und wann das gesamte Quartier?
- Wie teuer und wie groß werden die einzelnen Wohnungen sein?
- In welchem Maße ist das Quartier unabhängig von den Energieversorgern?
- Wird die Energieversorgung im Quartier für die Anwohner günstiger sein als üblich?
Was ist das Besondere am H2-Revier?
Dimitrios Tassikas: Unser H2-Revier ist nicht nur ein schönes, grünes Quartier, in dem in naher Zukunft Menschen wohnen und arbeiten können – es ist auch ein aufwändiges und zukunftsweisendes Energieprojekt, das für viele weitere Standorte in Deutschland als ein gutes Beispiel für nachhaltige Energieversorgung im Immobiliensektor dienen kann. Ganz konkret ist es so, dass wir das gesamte H2-Revier und seine dort lebenden und arbeitenden Menschen durch einen Energiemix aus Windkraft, Photovoltaik und Biogas energetisch versorgen werden. Also ausschließlich durch regenerative Energien, die wir mithilfe eines Elektrolyseurs zu grünem Wasserstoff umwandeln und damit speicherbar machen. Der überschüssige, grüne Wasserstoff, der nicht im Quartier benötigt wird, wird zu einer öffentlichen Wasserstoff-Tankstelle weitergeleitet. Deshalb ist unser H2-Revier ein wirklich grünes und vor allem ganzheitliches Energieprojekt, das sogar gänzlich ohne Transportwege auskommt.
Wie entstand die Idee zu diesem Projekt?
DT: Ich habe bei einem Besuch der ISH (Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima/Anmerk. d. Redaktion) in Frankfurt im Jahr 1994 einen Mercedes der Baureihe W202 mit einem Wasserstoffmotor entdeckt. Das hat mich fasziniert und seitdem hat mich das Thema Brennstoffzelle nicht mehr losgelassen. Außerdem bin ich als gelernter Gas-Wasser-Installateur Pragmatiker durch und durch und packe dementsprechend Probleme und Herausforderungen an. Ich bin zudem Vater von vier Kindern und möchte diesen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen. Mir wurde dann irgendwann sehr bewusst, dass wir bei der Energieversorgung von Immobilien nicht mehr so weiter machen können wie bisher. Und so kam mir die Idee zum nachhaltigen und ganzheitlichen H2-Revier. Das ist mittlerweile vier Jahre her und seitdem planen und entwickeln wir dieses deutschlandweit einmalige Wasserstoff-Revier.
Welche Hindernisse mussten oder müssen noch überwunden werden?
DT: Angefangen damit, dass wir nahezu jeden Tag Aufklärungsarbeit zum Thema Wasserstoff leisten müssen, auch auf politischer Ebene, fühlen sich für mich manchmal die Probleme und Hindernisse so groß an, als würde ich den Mount Everest erklimmen. Es ist absolut traurig, dass wir auf politischer und verwaltungstechnischer Ebene für unser Projekt kaum bis gar keine Unterstützung erhalten. Wir haben namhafte Begleiter, Partner und Unterstützer wie z.B. das Fraunhofer Institut in Freiburg an unserer Seite, um den Klimaschutz endlich richtig voranzutreiben, doch einigen Politikern und Verwaltungsangestellten müssen wir noch erklären, wie Wasserstoff funktioniert. Ich könnte hunderte Geschichten über unsere Probleme erzählen. Aber das Wichtigste ist für mich hier und heute, dass wir kurz vor Baubeginn unseres H2-Reviers stehen. Und nur das zählt!
Wann werden die ersten Wohnungen im H2-Revier voraussichtlich fertiggestellt sein und wann das gesamte Quartier?
DT: Das gesamte H2-Revier umfasst ein 3.000 m² großes Geschäftshaus, 10 Mehrfamilienhäuser, bis zu 7 Einfamilienhäuser, eine Kindertagesstätte, einen 3.000 m² Kinderspielplatz und eine Wasserstoff-Tankstelle auf einer Gesamtfläche von 3,2 Hektar. Wir beginnen mit dem Geschäftshaus, das direkt an einer Hauptstraße liegt, weil von dort aus auch die neue Straße ins H2-Revier hineinführt. Und dann arbeiten wir uns in entsprechenden Bauabschnitten nach hinten. Die ersten Wohnungen könnten voraussichtlich Mitte/ Ende 2023 bezogen werden. Für das gesamte H2-Revier planen wir mit einer Gesamtbauzeit zwischen fünf und sechs Jahren.
Wie teuer und wie groß werden die einzelnen Wohnungen sein?
DT: Die Wohnungen im H2-Revier liegen größentechnisch zwischen 75 und 115 Quadratmetern. Zurzeit sind alle Einheiten auch noch individuell planbar. Der Preis liegt zwischen 4.500 Euro und 5.500 Euro pro Quadratmeter, je nach Lage im Objekt und jeweiliger Ausstattung. Bedingt durch die aktuell schwankenden Preise für Baustoffe können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine konkrete Preisaussage machen.
In welchem Maße ist das Quartier unabhängig von den Energieversorgern?
DT: Das H2-Revier wurde von Anfang an so konzipiert, dass es am Ende gänzlich unabhängig von anderen Energieversorgern ist. Bei der Umwandlung der regenerativen Energien in grünen Wasserstoff mittels Elektrolyse entsteht als Nebenprodukt Wärme. Diese Wärme fließt direkt weiter in das Wohn- und Geschäftsquartier. Hinzu kommt der grüne Wasserstoff, der in den einzelnen Gebäuden mittels Brennstoffzellen wieder zu Strom umgewandelt wird. Somit sind wir autark.
Wird die Energieversorgung im Quartier für die Anwohner günstiger sein als üblich?
DT: Die Energieversorgung wird sich für die Anwohner preislich auf einem gleichen Niveau wie die konventioneller Anbieter bewegen. Das zeigt: Eine nachhaltige Energieversorgung im Wohnbausektor ist machbar, man muss es nur machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Alle Bilder in diesem Beitrag stammen von H2-Revier Gütersloh/ Tassikas Immobilien GmbH & Co. KG
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