Im Interview: Prof. Gerd Hauser über technische Hintergründe des Energie-Speicher-Plus-Hauses

Im Interview: Prof. Gerd Hauser über technische Hintergründe des Energie-Speicher-Plus-Hauses

Vor Kurzem berichteten wir, wie der Bauträger Krieger + Schramm mit dem Energie-Speicher-Plus-Haus neue Wege geht und auf ein Haus setzt, welches mehr Energie erzeugt als es verbraucht.

Vor wenigen Wochen erfolgte der erste Spatenstich zum Energie-Speicher-Plus-Haus in Lohfelden (Foto).

Der Spatenstich für das erste Dynahaus in Lohfelden ist erfolgt.
Der Spatenstich für das erste Dynahaus in Lohfelden ist erfolgt. Foto: Krieger + Schramm

An der Entwicklung dieses Hauses maßgeblich beteiligt ist Prof. Gerd Hauser, Emeritus der Technischen Universität München und ehemaliger Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik. Im heutigen neubau kompass Interview erklärt er, wie ein Energie-Speicher-Plus-Haus funktioniert.

Wie kommt es, dass ein Energie-Speicher-Plus-Haus mehr Energie liefert als es verbraucht?

Prof. Gerd Hauser: Anders als bei einem Passivhaus liegt der Fokus nicht auf maximaler Energieeinsparung, sondern auf einem energieeffizienten und nachhaltigen Gesamtkonzept, bei dem die optimale Abstimmung der Energiegewinnung und -verwendung im Mittelpunkt steht. Die Planung und Entwicklung erfolgte hierbei unter Mitwirkung zahlreicher, hochkarätiger Kooperationspartner. Das Besondere ist die optimale Abstimmung einzelner innovativer, aber bewährter Komponenten und die Kommunikation zwischen diesen.

Einen Großteil der Energie liefert dabei die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes. Es ist heute schon kostengünstiger, Solarstrom selbst zu erzeugen, als ihn vom Stromversorger zu beziehen, daher liegt der Schwerpunkt um Kostenersparnisse zu maximieren auf dem Eigenverbrauch von Solarstrom.

Um die Solarenergie besonders effizient zu nutzen, stimmt das intelligente Energiemanagement mit SMA Smart Home-Technologie die Solarstrom-Erzeugung und den Verbrauch der steuerbaren Elektrogeräte im Haus optimal aufeinander ab. Solarenergie, die nicht unmittelbar verbraucht wird, wird im Batteriespeicher und in den thermischen Speichern für eine spätere Nutzung zwischengespeichert.

Welche Kriterien haben bei der Planung des Hauses die größte Rolle gespielt?

Prof. Gerd Hauser: Der Schwerpunkt lag eindeutig auf der optimalen Abstimmung der verschiedenen Komponenten aufeinander. Auf der Basis eines sehr guten baulichen Wärmeschutzes, der auch die Garantie für gesundes Wohnen darstellt, wurde die Photovoltaik-Anlage dimensioniert. Diese erzeugt Strom, der sofort für Verbraucher (z.B. E-Auto, Waschmaschine, Wärmepumpe und thermische Abnehmer) zur Verfügung steht.

Die Maximierung des Anteils, der von den Nutzern selbst verbraucht wird, hat hohe Priorität. Das Besondere: die Kommunikation zwischen den Energie-Verbrauchern. Beispielsweise kann es passieren, dass die Waschmaschine erst zu waschen beginnt, wenn das E-Auto fertig aufgeladen ist. Dieses hat in Simulationen funktioniert.

Wie es in der Praxis, unter realen Bedingungen läuft, soll nun anhand von zwei Test-Familien in Lohfelden/Kassel und Hallbergmoos/München, erforscht und wissenschaftlich belegt werden. Es wird spannend zu sehen, ob und ggf. wie das alltägliche Leben und der Wohnkomfort beeinträchtigt werden und wie effektiv die einzelnen Komponenten sind. Anhand der Testergebnissen kann das Konzept weiterentwickelt und verbessert werden.

Ein Fokus dieser Häuser liegt auf Solarenergie. Wie kann die Energie der Sonne nutzbar gemacht werden, auch wenn sie nicht scheint? Mit anderen Worten: Wie zuverlässig ist diese Energieform?

Prof. Gerd Hauser: Dies ist durch 4 verschiedene Speichersysteme möglich. Zum einen wird das Dynahaus auf einer aktivierbaren Bodenplatte errichtet. Das heißt, dass die Bodenplatte durch ein Rohrsystem im Inneren und einer Dämmung hin zum Erdreich, thermische Energie speichern und langsam wieder abgeben kann. Um hier eine hohe Effizienz zu erreichen, wird auf Estrich mit Trittschall- und somit auch Wärmedämmung oder sonstigen Fußbodenaufbau verzichtet.

Zum anderen befindet sich im Erdgeschoss ein Latentspeicher, der in einer Wand im Erdgeschoss sitzt. Als dritter Speicher steht ein Batteriespeicher zur Verfügung. Je nach Wetterprognose, aktuellem und geplantem Verbrauch der einzelnen Abnehmer entscheidet das EnergieManagementSystem eigenständig welchem Verbraucher bzw. Speicher die Energie zur Verfügung gestellt wird.

Somit kann die Energie dann verbraucht oder gespeichert werden, wenn Sie durch die Photovoltaik-Anlage erzeugt wird. Der vierte Speicher ist das öffentliche Netz, an dem das Dynahaus trotz aller Speicher und Vorkehrungen angeschlossen ist. Es kann genutzt werden, um überschüssige Energie einzuspeisen oder bei Engpässen Strom einzukaufen.

Vielen Dank für das Gespräch!


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