Einst in Paris vom Wissenschaftler und Professor Carlos Moreno erfunden, gewinnt das Konzept der 15-Minuten-Stadt weltweit an Popularität. Die Idee der kurzen Wege, per Fahrrad oder zu Fuß, ist längst vielerorts in der Stadtplanung angekommen. Unser Bericht führt von Paris als Vorreiter bis in zwei deutsche Metropolen mit Beispielen für eine 15-Minuten-Stadt.
- Typisch für die 15-Minuten-Stadt: Von A nach B mit dem Fahrrad
- 15-Minuten-Städte: Hamburg – Paris – Berlin
- Stadt der Zukunft: Standortstrategie „Hamburg 2040“
- Hamburg: „Wie wollen wir künftig leben?”
- Paris: Paradebeispiel einer 15-Minuten-Stadt
- 15-Minuten-Stadtkonzepte für Paris
- Berlin und seine Kieze
- Siemensstadt Square: „Stadt der kurzen Wege”
- 15-Minuten-Stadt wird gefördert
Über die Hintergründe der 15-Minuten-Stadt klärt der vom Deutschen Städte- und Gemeindebund initiierte Innovators Club (IC) auf. Dieser befasst sich mit strategischen Zukunftsthemen der Kommunen, z.B. der Stadtentwicklung.
Typisch für die 15-Minuten-Stadt: Von A nach B mit dem Fahrrad
Hinter der Idee der 15-Minuten-Stadt steht ein neuer Gedanke der Stadtgestaltung, der weltweit vor allem in Ballungszentren immer mehr Anklang findet: Innerhalb kürzester Zeit sollen die Bewohner vom Wohnort beispielsweise die Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Parks und Kulturangebote erreichen können.
In der 15-Minuten-Stadt sind die wichtigsten Anlaufstellen dezentral über die Stadt verteilt, das Stadtplanungskonzept einer Innenstadt entwickelt sich zu einem Denken in einzelnen Stadtteilen bzw. Quartieren. Um die kurzen Wege von A nach B zu bewältigen, soll das Fahrrad als eines der Hauptverkehrsmittel dienen, schreibt der Innovators Club.
15-Minuten-Städte: Hamburg – Paris – Berlin
Sicherlich ist nicht alles an der Idee der 15-Minuten-Stadt neu und diese ist vielerorts zumindest in Teilen schon Realität: Sei es der Supermarkt als Nahversorger um die Ecke, die Kita im Wohnquartier oder der zu Fuß erreichbare Park im Viertel. Doch zu einer 15-Minuten-Stadt gehört ein durchdachtes Konzept, über das sich Architekten, Projektentwickler und Stadtplaner Gedanken machen müssen.
Längst sind die 15-Minuten-Städte, insbesondere in Metropolen, angekommen – drei Beispiele aus der Praxis und zu Plänen aus Hamburg, Paris und Berlin.
Stadt der Zukunft: Standortstrategie „Hamburg 2040“
Die Handelskammer Hamburg hat die 15-Minuten-Stadt in ihrer Standortstrategie „Hamburg 2040“ aufgegriffen. Ein Ziel ist, dass eine stärkere Durchmischung von Wohnen und Gewerbe sowie eine begehrte Versorgungslage die Attraktivität der Stadt insgesamt steigern soll.
In einem Beitrag im Magazin der Handelskammer Hamburg ist zu lesen, dass Quartiere mit gemischter Nutzung wichtiger werden. Weiter argumentieren die IHK-Vertreter, dass es bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts selbstverständlich war, dass Wohnen und Arbeiten räumlich unmittelbar miteinander verbunden waren.
Allerdings haben neue Planungsleitbilder wie die in der Charta von Athen formulierte Funktionstrennung dazu geführt, dass Funktionen auseinander gerückt sind. Nicht selten führte dies zum Entstehen von monofunktionalen Neubau-Quartieren, in denen höchstens grundlegende Angebote an Nahversorgung zu finden sind, so die Autoren. Weiter heißt es, dass durch den Bau von S- und U-Bahn-Linien sowie immer mehr Pkws längere Strecken komfortabel zurückzulegen sind, und eine räumliche Nähe von Wohnen und Arbeiten keine zwingende Notwendigkeit mehr sei.
Dazu sei angemerkt, dass während der Corona-Pandemie mit Ausgangsbeschränkungen die Bedeutung der unmittelbaren Wohnumgebung mit schnellen Wegen ins Grüne und zu den Einrichtungen der Grundversorgung mehr in den Mittelpunkt gerückt ist. Dieser Trend einer bunten Quartiersnutzung aus Wohnen und Arbeiten, Nahversorgung sowie Kultur und Freizeit scheint nachhaltig an Bedeutung zu gewinnen – allen voran auf Quartiers- und Stadtteilebene.
Hamburg: „Wie wollen wir künftig leben?”
Zurück zur Standortstrategie „Hamburg 2040“, diese steht unter der Leitfrage: „Wie wollen wir künftig leben – und wovon?” Um diese Frage für die Hansestadt zu beantworten, haben sich die Vertreter der Elbmetropole bei Zukunftsfragen auch von anderen Städten inspirieren lassen, u.a. von Paris und dem dort bereits etablierten Konzept einer 15-Minuten-Stadt.
Paris: Paradebeispiel einer 15-Minuten-Stadt
Denn Paris ist der Geburtsort der 15-Minuten-Stadt: In der französischen Hauptstadt erfand der Pariser Wissenschaftler und Professor der Sorbonne-Universität, Carlos Moreno, 2016 das Konzept für die 15-Minuten-Stadt, berichtet der Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate.
In einem Youtube-Video der Organisation TED, die bekannt ist für ihre TED-Talks, referiert Carlos Moreno über „The 15-minute city” – der Clip wurde schon über 114.000 Mal aufgerufen.
Darin erklärt der Wissenschaftler, dass die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo in der umgangssprachlich als Stadt der Liebe bezeichneten Großstadt beispielsweise eine massive Dezentralisierung, die Entwicklung neuer Dienstleistungen für jeden Bezirk, eine Erweiterung von Radwegen und neue Wirtschaftsmodelle zur Förderung lokaler Geschäfte etabliert hat.
15-Minuten-Stadtkonzepte für Paris
Das globale Netzwerk C40 Cities von fast 100 Bürgermeistern der führenden Städte der Welt (u.a. Paris), die gemeinsam gegen die Klimakrise vorgehen, beschreibt die Vorreiterrolle von Paris:
Mit ihrer Politik hat Bürgermeisterin Anne Hidalgo „Paris an die Spitze des Kampfes gegen den Klimawandel in städtischen Gebieten gebracht”. Zu diesen Maßnahmen gehören nach C40-Angaben auch die „Einbindung von 15-Minuten-Stadtkonzepten in die Stadtplanung”.
Berlin und seine Kieze
Von Paris nach Berlin – en vogue ist die 15-Minuten-Stadt auch dort. Der Grundgedanke der Stadt der kurzen Wege spielt in der Spreemetropole schon lange eine Rolle: Hier sind die Kieze historisch tief im Bewusstsein der Berliner verwurzelt – Stichwort „Mein Kiez”. Ob traditionsreicher Berliner Kiez oder neues Stadtentwicklungsprojekt in der Hauptstadt: Die schnellen Wege können eine Gemeinsamkeit sein.
Siemensstadt Square: „Stadt der kurzen Wege”
Wir bleiben in Berlin: Mit Siemensstadt Square plant und gestaltet Siemens nach Konzernangaben eines der ambitioniertesten städtebaulichen Projekte Berlins und spricht dabei von einer „Stadt der kurzen Wege, nahezu autofrei dank innovativer Mobilität”, was als 15-Minuten-Stadt verstanden werden kann, denn auch in dieser sind die Distanzen kurz.
15-Minuten-Stadt wird gefördert
Interessant liest sich eine Kurzmeldung des Deutschen Bundestags (veröffentlicht am 11.01.2024) mit dem Titel „Neue Projekte zu 15-Minuten-Stadt und Superblocks”. Darin ist zu lesen, dass das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) von Januar 2024 bis Dezember 2026 insgesamt 14 Maßnahmen fördert, die „innovative und beispielgebende Lösungen für krisenfeste Stadt- und Quartiersstrukturen erproben“. Die Fördersumme des Bauministeriums: rund 3,89 Millionen Euro.
Den Projekten liegen u.a. die Konzepte der 15-Minuten-Stadt zugrunde, schreibt der Deutsche Bundestag in dieser Parlamentsnachricht.
Fazit: Die Konzepte der 15-Minuten-Städte werden immer mehr zur Realität – in Deutschland und weltweit.
Haben Sie schon von Sponge Cities in Berlin gehört? Die weltweit größte Schwammstadt entsteht in Berlin.
Text: Felix Dehn
Titelbild: RossHelen