Corona bringt unser Leben gehörig durcheinander – und auch unsere Wohnträume. Die Deutschen wünschen sich für ihr Zuhause nun deutlich mehr Platz, Privatsphäre und einen Garten oder großen Balkon. Wohnen auf dem Land ist seit 2020 sogar für überzeugte Städter zunehmend attraktiv. Lesen Sie in unserem Beitrag, wie sich die Wohnwünsche der Deutschen mit Corona veränderten, wie sich der Immobilienmarkt entwickelte, wo viele Kaufinteressenten leer ausgingen und welche Regionen einen neuen Boom erlebten.
Nachfrage: Höher als erwartet – viel höher
Bereits im Frühjahr 2020, als sich das Ausmaß der Covid-19-Krise erst noch andeutete, befürchteten Immobilienexperten, dass der Flow am Immobilienmarkt angesichts der kritischen Lage und der eingeschränkten Besichtigungsmöglichkeiten völlig zusammenbrechen werde. Mieter würden nicht umziehen, sondern in ihrer Wohnung oder ihrer Gewerbeeinheit bleiben. Froh, ihre Immobilie überhaupt halten zu können und nicht zu deutlich teureren Mietpreisen an einer anderen Adresse neu anzufangen.
Auf dem Kaufmarkt, prognostizierten viele Makler und Banker mit dem ersten Lockdown, werde große Zurückhaltung herrschen und erst mal anhalten. In der Tat sagten sich so einige Kaufinteressenten und Eigentümer: „Besser mal nicht rausgehen und sich dem Risiko aussetzen, sich anzustecken“. Der Gang zum Makler entfiel oft ebenso wie ein realer Besichtigungstermin. AHA-Regeln und 1,5 Meter Abstand gaben zwar bei echten Treffen ein Stück Sicherheit, viele setzten allerdings auf die digitale Besichtigungsvariante und Video-Meetings. Vielfach herrschte aufgrund der notwendigen Distanz Beklemmung. Wie sollten da Emotionen für eine Immobilie frei werden und Kaufentscheidungen möglich sein? Flächendeckend berichten uns Makler, dass zumindest in den ersten Monaten eine hohe Unsicherheit zu spüren war. Dazu kam, dass es viele Menschen mit dem Motto hielten: „Lieber das Geld zusammenhalten und erst mal nichts investieren, weil die Krise noch schlimmer werden könnte“. Manche hatten schlicht und einfach Existenzangst – und das nicht selten zu Recht.
Obwohl Bauträger und Makler also recht schnell ihre digitalen Lösungen ausbauten, um Immobilien online erlebbar zu machen und vor Ort sichere Besichtigungstermine zu gewährleisten, knickte das aktive Verkaufsgeschehen von März bis in den Sommer hinein am Kaufmarkt für Wohnimmobilien vielerorts für kurze Zeit ein. Käufer und auch Eigentümer verharrten im Warte-Modus. Doch schon ab Sommer ging fast überall die Zahl der Termine für die Besichtigung einer Kaufimmobilie hoch.
Der Blick auf die Entwicklungen am gesamten deutschen Immobilienmarkt im Jahr 2020 zeigt: Während der Büroimmobilienmarkt an vielen Standorten stark eingebrochen ist und aufgrund der Lockdowns auch der Bereich der Hotel-Immobilien beim Verkaufsumsatz ein riesiges Minus von 60 % verbuchte, kam es am Markt für Logistik-, Handels- und Industrieimmobilien sowie für Wohnimmobilien zu einer noch höheren Nachfrage. Die Analysten des Gewerbeimmobilien-Spezialisten Colliers errechneten im Segment Logistik- und Industrieimmobilien einen Gesamtumsatz 2020 von 7,5 Mrd. €, das ist ein Plus von 14 % gegenüber dem Vorjahr. Ähnlich positiv stand es 2020 um Immobilien für den Einzelhandel mit 11,4 Mrd. € Umsatz und einem Plus von 12 %. Bei den Umsätzen der Wohninvestments notierten die Marktforscher mit rund 21 Mrd. € das zweitbeste Ergebnis seit 2015. Wer sich ganz genau mit den Marktzahlen beschäftigen möchte, findet auf der Website von Colliers diverse Marktberichte.
Wohntraum: individueller Platz zum Leben
Bei vielen Menschen, auch bei uns, sind mit Corona neue Wohnwünsche aufgeploppt: mehr Quadratmeter, mehr Privatsphäre, mehr Räume, mehr Komfort. Wir alle haben erkannt: Der Wert eines Eigenheims bemisst sich nicht nur an den Wohnquadratmetern und dem dafür aufgewendeten Geld, sondern auch am Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, das das eigene Zuhause uns bietet. Mit der veränderten Arbeitssituation entstanden Home Offices – beim einen in einer Ecke oder am Küchentisch, beim anderen im Hobbyraum oder Gästezimmer. Doch viele träumen nun von einem Zuhause, in dem sich Wohnen und Arbeiten besser verbinden lässt. Kinderzimmer werden nach langen Zeiten des Home Schooling neu gedacht.
Die Bauträger haben darauf bereits reagiert. Nun kommen verstärkt individualisierbare Grundrisskonzepte mit modularen Wänden zum Einsatz. Hobbyräume erleben heute noch mehr Nachfrage, und auch die Größe der Wohnungen hat bei einer Vielzahl von neuen Projekten gegenüber älteren Entwürfen oder Bauabschnitten zugenommen – entsprechend der Wünsche und Bedürfnisse der Interessenten.
Jahrzehnte lang waren 4-Zimmer-Wohnungen mit 100 m² der Wohntraum der Deutschen. 2021 beobachtet unser Berater-Team bei neubau kompass einen neuen Such-Trend: zu 150 m² großen Eigentumswohnungen oder Häusern mit bis zu 6 Zimmern, richtig großem Balkon oder Garten. Da darf es auch der Stadtbezirk neben dem eigentlichen Lieblingsviertel sein oder gleich eine Gemeinde im Speckgürtel. Hauptsache, man hat endlich Platz und Privatsphäre für die ganze Familie.
Um den neuen Wünschen nach mehr Platz und individuellen Wohnräumen gerecht zu werden, planen gerade viele Bauträger und Projektentwickler um. Anstatt von drei bis vier Wohnungen pro Etage gibt es künftig in so manchem Neubauprojekt nun zwei Einheiten auf jeder Ebene. Das hat allerdings zur Folge, dass die Zahl der Baugenehmigungen und fertiggestellten Einheiten im Wohnungsbereich sich in den nächsten Jahren deutlich verringern werden. Zudem werden sich Kaufinteressenten noch mehr Konkurrenz gegenübergestellt sehen, wenn es darum geht, sich die Traumimmobilie zu sichern. Das alles hat seinen Preis. Doch sind viele Menschen in der glücklichen Lage, sich mehr Wohnraum, Grün und Platz fürs Leben auch leisten zu können. Niedrige Zinsen helfen, den Wohntraum zu finanzieren.
neubau kompass: weit mehr Kaufanfragen
Vielleicht hatten viele Menschen durch Corona den entscheidenden Impuls erhalten, jetzt endlich das Projekt Immobilienkauf anzugehen? Unser Immobilienportal neubau kompass verzeichnete im ersten Quartal 2020, mit Beginn der Covid-19-Pandemie, jedenfalls deutlich mehr Anfragen als in der Vergangenheit: Im Schnitt waren im Frühjahr 2020 durchschnittlich 456.000 Kaufinteressenten und damit fast 24,5 % mehr potenzielle Käufer auf unserem Portal auf Immobiliensuche als im 1. Quartal 2019. Besonders eine zeitliche Marke war sehr aufschlussreich: Allein von April auf Mai 2020 stiegen die Nutzerzahlen um ca. 26,6 %. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Zahlen von April 2020 um über 44 % höher. Das sind Zahlen, die das erhöhte Interesse an Eigentumswohnungen und Häusern zum Kauf deutlich unterstreichen.
Sie wollen noch mehr Zahlen? Bitteschön! Übers Jahr zählten wir bei neubau kompass im Jahr 2020 rund 3,66 Mio. Unique User. Der Trend ging weiter, denn auch der Blick auf das 1. Quartal 2021 schafft deutliche Fakten: In diesem Zeitraum erhöhte sich die Zahl der Kaufinteressenten gegenüber dem Vorjahrszeitraum um rund 30 %.
Auch ein Trend: die Ferienregionen
Auch das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbands Deutschlands (IVD) berichtet beispielsweise vom Markt im Münchner Umland über eine explodierende Nachfrage und einen zunehmend geleerten Kaufmarkt. Die Pandemie habe die Preissteigerungen und Angebotsverknappung am Immobilienmarkt des Münchner Umlands von Januar bis Juli 2020 deutlich verschärft. Konkret: Die Neuangebote im westlichen und südlichen Speckgürtel gingen im Beobachtungszeitraum vielerorts um ein Fünftel zurück.
Wer eine Immobilie in Starnberg suchte, hatte sogar rund 44 % weniger Angebote zur Verfügung. Ab Juli erholte sich der Markt langsam. Der Grund könnte darin liegen, dass viele Immobilieneigentümer aufgrund der unsicheren Lage erst einmal abwarteten und Verkaufspläne aufs Eis legten – denn auch sie hatten das Problem eines leer gefegten Immobilienmarkts. Wo also den Verkaufserlös reinvestieren? So mancher Kapitalanleger, aber auch Eigennutzer legte sein Geld 2020 an einem ganz neuen Standort und Immobiliensegment an: in Ferienhäusern und -wohnungen in Deutschland. Vor allem in Brandenburg und an der Nord- und der Ostsee erlebten die Makler und Bauträger geradezu goldene Zeiten. In Bayern verlegten sich viele Käufer auf Immobilien nahe der Alpen, und zwar nicht nur als Ferien- oder Wochendomizil, sondern als Erstwohnsitz – mit viel Natur, der Möglichkeit, ein großzügiges Home Office einzurichten und Platz für die Kinder.
Das Wohnparadies sieht für jeden Menschen ein wenig anders aus. Wichtig ist dabei nicht nur die Quadratmeterzahl und Ausstattung. Auch die Infrastruktur und nähere Umgebung sind wichtig. Auch die richtigen Farben sind wichtig, um ein Wohlfühlambiente zu schaffen. Welche Farben 2021 im Trend liegen und wie Sie Ihr Wohneigentum wie ein Profi optisch „upgraden“ können, zeigt Ihnen unsere Redakteurin Isabel Röhm in ihrem Artikel.
Viel Spaß beim Weiterlesen und stets den richtigen Kurs zu Ihrer Traumimmobilie wünscht Ihnen Kerstin Funke
Unser Titelbild zeigt einen Wohntraum, den wir wohl alle gerne besitzen würden. Das Bild stammt von User giovanni gargiulo und haben wir auf Pixabay entdeckt.