Am Papierbach in Landsberg am Lech

Erdgeschoss 4.0 im Neubau-Quartier – Stadtplaner denken um

Haben Sie sich beim Stadtbummel oder einem Spaziergang durch neue Wohn-Quartiere auch schon gefragt, weshalb so viele Erdgeschosse leer stehen? Diese Entwicklung nimmt gerade stark zu – in Deutschlands Metropolen ebenso wie in B-Städten. Erdgeschosse „verwahrlosen“ an vielen Ecken und sie beeinträchtigen damit die Atmosphäre ihrer gesamten Umgebung. In einer aktuellen Studie hat sich die Marktforschungsgesellschaft Bulwiengesa mit den Herausforderungen und Chancen von Flächen im Erdgeschoss beschäftigt. Lesen Sie, zu welchem Ergebnis die Marktforscher gekommen sind und wie ein Neubau-Quartier im Großraum München bereits heute mit positivem Beispiel voran geht.

Ein wesentlicher Grund für die aktuelle Situation vieler Laden- und Gewerbebesitzer, die im Erdgeschoss situiert sind, liegt – ausnahmsweise nicht an Corona – sondern an den immens hohen Grundstücks- und Baukosten für Neubau-Immobilien. Diesen permanent steigenden Kosten stehen weitaus geringere Mieteinnahmen gegenüber. Hinzu kommt der Trend zum Online-Shopping, der immer weniger Käufer einen Laden betreten lässt. Prognosen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren mindestens jedes zehnte Einzelhandelsgeschäft vor dem Aus steht. Deshalb planen Marktforscher in Kooperation mit Bauunternehmen und Stadtentwicklern nun einen Relaunch des Erdgeschosses, das „Erdgeschoss 4.0“.

Ziel der Studie ist, künftig ein besseres Zusammenwirken von Bauindustrie und Stadtplanern bei der Konzeption neuer Quartiere zu ermöglichen. An der aktuellen Bulwiengesa-Studie beteiligt waren die Stiftung Baukultur sowie die Projektentwickler ehret+klein, Interboden und Hamburg Team.

Foto von Kaique Rocha (Pexels)

Das Erdgeschoss: ein wichtiger Faktor in der Bauplanung

Dem Erdgeschoss kommt in der Gebäude- und Quartiersplanung eine bedeutende Rolle zu. Es ist zunächst das erste, was wir an einem Gebäude wahrnehmen. Steht es leer oder wird es mit Spielhallen, Wettbüros oder Ähnlichem genutzt, sinkt automatisch das Image des gesamten Baukörpers. Erdgeschosse sind also eine Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum und zugleich ein Scharnier zwischen öffentlichen (Läden, Gastronomie usw.) und nicht-öffentlichen Geschossen (Wohnungen). Ein weiterer Aspekt: Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss werden nicht selten quersubventioniert, d.h., man geht bereits im Vorfeld davon aus, dass sie weniger Erträge abwerfen, als beispielsweise der Wohnraum in den oberen Etagen. Deshalb steigen die Mieten und Kaufpreise für die Wohn-Immobilien in den oberen Geschossen, um den erwarteten Verlust im Erdgeschoss abzufedern. Preiswucher ist nicht selten die Folge.

Wichtig für die Stadtrendite: wie wohl fühlen sich Menschen in ihrem Neubau-Quartier? Bild aus dem Neubau-Quartier „Am Papierbach“: Walser Immobiliengruppe

Erdgeschosse prägen das Orts- und Quartiersbild und erfüllen mitunter soziale Aspekte, denn erfolgreich angelegte und genutzte Erdgeschosse weisen eine gute Anbindung ans soziale Umfeld aus. Deshalb sind Bauplaner aufgerufen, sich Gedanken darüber zu machen, ob und wann sie Gewerbeeinheiten in neuen Wohn-Quartieren etablieren. Denn: ein Einzelhandelsgeschäft in einem Neubau-Quartier, wo wenig „Publikumsverkehr“ herrscht, zum Beispiel in Randlagen, läuft von vorneherein Gefahr, in absehbarer Zeit die Pforten schließen zu müssen. Deshalb der Appell aus der Bulwiengesa-Studie an die Planer: Augen auf bei der Etablierung von Erdgeschossen und späteren Nutzungsmöglichkeiten.

Im Ranking um sinnvolle Faktoren zur Nutzung von Gewerbe- und Dienstleistungen im EG befindet sich die lokale Dichte der künftigen Zielkunden deshalb auf Platz 1. Auf Platz 2 geht es um die Verträglichkeit der EG-Nutzungen mit der Wohnnutzung im gesamten Gebäude. Punkt 3 sieht die Etablierung von Parkplätzen rund um das Gewerbe vor. Allen drei Punkten gemeinsam ist, dass es um die harmonische Integration der Erdgeschoss-Einheiten in das soziale Gefüge des gesamten Neubauprojekts geht.

Stadtrendite vs. Rendite

Nicht zu vergessen die „Stadtrendite“. Diese bemisst, obwohl sie nicht leicht zu messen ist, den gesellschaftlichen Gegenwert einer Neubau-Immobilie für die Stadtentwicklung. Hier geht es darum, die Zufriedenheit der Bewohner eines Quartiers oder eines ganzen Stadtteils zu berücksichtigen. Langfristig wirkt sich auch dieser Faktor auf den Wert eines Ortes aus, wenngleich sich dieser Wert zunächst nicht in hohen Renditen niederschlägt, sondern als „weicher Faktor“ im längeren Verlauf das Image und den Wohnwert einer Stadt bzw. eines Neubau-Quartiers misst. Ein klarer Appel der neuen Bulwiengesa-Studie richtet sich an Bauunternehmen und Investoren: sie sollten nicht allein die wirtschaftliche Rendite in den Fokus ihrer Planungen stellen, sondern beginnen, die Stadtrendite stärker zu berücksichtigen. Deshalb wird, so die Autoren der Studie, bei der künftigen Nutzung von Erdgeschossen nicht nur Gewerbe eine Rolle spielen, sondern auch Alternativen zum Einzelhandel wie etwa Büros, Kultur und Kleingewerbe. Nicht wenige soziale Einrichtungen befinden sich in Erdgeschossen, die in Neubau-Quartieren auch als ein sozialer Treffpunkt dienen.

Neubau-Quartier „Am Papierbach“. Bild: Walser Immobiliengruppe

Als „Best Practice“ Vorhaben wird im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Quartiersentwicklung das Neubau-Quartier „Am Papierbach“ in Landsberg am Lech genannt. Hier entsteht ein „buntes“ Stadt-Quartier mit Wohnen, Gewerbe, Kultur, einer Kita und einem Hotel. Lobenswert hervorgehoben werden insbesondere die Etablierung eines Kulturzentrums mit Ateliers und kostengünstigen Veranstaltungsflächen im Quartier. Einrichtungen wie diese bieten den sozialen Mehrwert, der in Neubau-Quartieren dringend gebraucht wird – nicht nur, um den Leerstand von Erdgeschosseinheiten zu verhindern. Im Quartier „Am Papierbach“ stehen außerdem 148 Eigentumswohnungen zum Verkauf. Lesen Sie mehr.

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Titelbild aus dem Quartier „Am Papierbach“. Bild: Walser Immobiliengruppe

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