Die Messe München ist eine Woche lang der globale Mittelpunkt der internationalen Baubranche: Bei der ausverkauften Weltleitmesse BAU 2025 präsentieren 2.000 Unternehmen aus 60 Ländern innovative Produkte und Lösungen. Dabei beschäftigt die Baubranche aktuell einige Probleme. Sie ruft das Bau-Wendejahr aus und wünscht sich eine gezieltere Neubauförderung durch die neue Bundesregierung.
„Wir brauchen ein Bau-Wendejahr”, unterstreicht Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), immer wieder im Rahmen der Weltleitmesse BAU 2025 in München. Die Branche sei „im freien Fall“: fehlende Auftraggeber, weniger Baugenehmigungen, Materialengpässe, schwierige politische Weltlagen, steigende Bauzinsen, stockender Wohnungsbau, Mitarbeitermangel und Insolvenzen. Obwohl die neue Bundesregierung vor knapp zwei Jahren das Ziel ausrief, jährlich 400.000 neue Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen, zu bauen, wurden im vergangenen Jahr tatsächlich nur 220.000 neue Wohnungen erreicht, wie BDB-Präsidentin Metzger mitteilt. Der Clou daran: Die Vorgängerregierung hatte deutlich mehr gebaut – nur ohne Vorankündigung dieses Ziels. Weniger Neubauten seien nicht gut denn, „denn das treibt die Mieten in die Höhe“, so Katharina Metzger.
Außerdem sei der Neubau und die Wohneigentumsentwicklung ein wichtiger Garant für die Zufriedenheit der Menschen, die Freiheit des Wohnens sowie eine sichere Altersvorsorge. Die Ursache des fehlenden Neubaus sieht sie auch in neuen Förderprogrammen ohne Wirkung begründet (wir werden noch berichten).
Freie Kapazitäten für 350.000 Neubauwohnungen pro Jahr
Laut Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, sei die Branche trotz aktuell strauchelnder Gesamtsituation in der Lage, momentan 350.000 Wohnungen pro Jahr neu zu bauen. Schon jetzt sei klar, dass angesichts der vorhandenen Branchenprobleme künftig viel auf Vorfertigung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz gesetzt werden muss. „Wir werden mit weniger Leuten bauen“, prognostiziert Felix Pakleppa.

„Es braucht wieder einen Push für die Bauindustrie“, frohlockte Dieter Reiter, Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt München und Aufsichtsratsvorsitzender der Messe München. Die BAU-Weltleitmesse mache Mut. „Hier gibt es die Lösungen, wie man das alles umsetzen kann“, sagt Oberbürgermeister über die ausverkaufte Weltleitmesse auf der Messe München.

Alle zwei Jahre – seit 1964 – findet die BAU in München statt. Hier zeigen vor allem Architekten, Generalunternehmer, Bauträger und Rohstoffproduzenten neue Materialien, bahnfrechende Technologien sowie zukunftsweisende Designideen. Die weltweit größte Fachmesse für Architektur, Materialien und Systeme sei der „Motor und Impulsgeber” der Branche, so Dieter Reiter.
Neben vielfältigen Ausstellern begeistern spannende Impulsvorträge mit hochkarätigen Experten die große Besucherschar. Die Baubranche beschäftigt sich aktuell nicht nur mit der niedrigen Neubau- und Eigentumsquote, sondern auch mit dem noch ausstehenden Gebäudetyp E sowie fragliche Gestaltungsmöglichkeiten nach der Bundestagswahl 2025.
Bedauern über noch nicht in Kraft getretenen Gebäudetyp E auf der Messe München
Dass der Wohnungsbau nicht teuer sein muss, verdeutlichte Lydia Haak, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, im Rahmen der Weltleitmesse. Sie bedauert, dass der Gebäudetyp E – einfacher Bauen ohne so viele bürokratische Hürden – nun doch nicht in dieser Legislaturperiode final durch das Parlament ratifiziert worden ist.
Zahlreiche kreative Impulsgeber mit dem passenden Know-how für ein „Bau-Wendejahr“ seien da. Das zeigten die vielfältigen 2.000 Aussteller aus 60 Ländern bei der BAU 2025. Gerade für den Gebäudetyp E sei jetzt der richtige Zeitpunkt, findet Lydia Haak. Noch zu abzuwarten, bis nach der Bundestagswahl Ende Februar und der neuen Regierungsbildung, sei nicht gut. Die Branche brauche den Beschluss so schnell wie möglich, findet die Architektenkammer-Präsidentin.

Bundesbauministerin Klara Geywitz, bekennender „Fan für serielles Bauen“, betonte im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung der BAU 2025, dass der Gebäudetyp E „theoretisch“ jetzt möglich sei, aber die Parteien nun im Wahlkampfmodus seien, was die Umsetzung schwierig mache. Da aber grundsätzlich der Konsens über die Notwendigkeit des einfacheren und rascheren Bauens parteiübergreifend ausgeprägt sei, rechnet Klara Geywitz mit einem möglichen Beschluss des Gebäudetyps E in der nächsten Legislaturperiode nach der Bundestagswahl. Die SPD-Politikerin hat seit drei Jahren erstmals ein Bauministeriumsamt bekleidet und sprach sich dafür aus, dass die Branchenvertreter auch weiterhin ihren Einfluss bei der nächsten Regierungsbildung geltend machen.

Kritik an Grunderwerbsteuer und unterschiedlichen Bauverordnungen
Rund 6 Millionen Menschen arbeiten aktuell für die Baubranche und erwirtschaften einen großen Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Wenn es der Baubranche gut geht, „prosperiert der Wohlstand des Landes“, unterstrich Dieter Schäfer, Vorsitzender des Fachbeirats BAU München und Vorsitzender der Deutschen Steinzeug Solar Ceramics GmbH. Er sprach sich gegen die Zahlung der Grunderwerbsteuer aus und für die Standardisierung, also Vereinheitlichung, verschiedener Landesbauordnungen der Bundesländer.
Die Produkte und Leistungen der BAU 2025 seien „auf hohem Niveau“, betonte er. Die Hälfte der Aussteller komme aus dem Ausland, was die Internationalität dieser Weltleitmesse unterstreiche, so der Fachbeiratsvorsitzende.

Wahlversprechen im Bereich Wohnungsbau überzeugen nicht
Laut Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, geben die Parteiprogramme im Bundestagswahlkampf 2025 zum Thema Wohnungsbau „nicht viel her“. Viele Parteien wollen die Grunderwerbsteuer aussetzen, allerdings liege dies in der Kompetenz der Länder und nicht des Bundes. Insofern seien solche Versprechen schwierig.
Title Image: | Melanie Ludwig |