Beim Hausbau kommen jede Menge wertvoller Rohstoffe zum Einsatz: neben Beton und Stahl enthält eine Immobilie zum Beispiel auch viel Kupfer. Das alles wird spätestens beim Abriss des Gebäudes freigesetzt und fügt der Umwelt einiges an Schaden zu. Nicht zuletzt weil sie in den natürlichen Kreislauf zurückgelangen und dort Schaden anrichten können – und auch weil die Menge an verfügbaren Rohstoffen Prognosen zufolge in Zukunft dramatisch sinkt – setzen immer mehr Baufachleute auf den Einsatz nachwachsender Rohstoffe in Neubau-Immobilien.
Noch ist der Einsatz nachwachsender Rohstoffe bis auf Holz vergleichsweise niedrig – maximal 20 Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser enthalten diese Materialien in der Konstruktion oder im Anstrich. Bei Dämmstoffen kommen ca. 5 Prozent dieser Rohstoffe zum Einsatz. Aber die Tendenz steigt.
Nachwachsende Rohstoffe – vielseitig einsetzbar
Laut Definition handelt es sich bei nachwachsenden Rohstoffen um Stoffe, die aus lebender Materie gewonnen werden. Ihre Anwendungsgebiete sind vielfältig: sie werden als Schmierstoffe eingesetzt, in der Hydraulik – oder auch als Bau- und Dämmstoffe.
In der Baubranche sind insbesondere die nachwachsenden Rohstoffe Holz, Lehm, Kork, Harze, Leinöl, ätherische Öle und Cellulose beliebt. Wer häufiger in Norddeutschland unterwegs ist oder dort lebt, kennt die mit Reet und Stroh gedeckten Dächer. Hier hat sich der Einsatz nachwachsender Rohstoffe zumindest in Dachkonstruktionen seit Generationen gehalten. Der große Vorteil besteht darin, dass diese Materialien keine Schadstoffe abgeben – das ist nicht nur für Allergiker optimal. Zudem fördern sie ein angenehmes Raumklima und werden von zahlreichen Bewohnern wegen ihrer „Behaglichkeit“ geschätzt.
Zum Einsatz kommen nachwachsende Rohstoffe in der Baubranche in allen Hausbereichen und Gewerken, zum Beispiel in der Gebäudedämmung, beim Ausbau von Dächern, als Anstrich und als tragende Konstruktion oder auch als Bodenbelag.
Lehm – der älteste Baustoff der Welt
Zum Beispiel Lehm. Er zählt zu den ältesten Baustoffen seit Menschengedenken. Und zahlreiche Bauherren setzen heute wieder auf ihn. Im Innenbereich von Gebäuden kommt Lehm meistens als Putz zum Einsatz. Beliebt ist er auch als Baustein, an Außenwänden oder zur Unterstützung tragender Bauelemente. Seit Sommer 2013 existiert eine neue DIN Norm (18947) für Lehm, an der sich Verbraucher bei der Auswahl geeigneter Produktvarianten orientieren können.
Ein Pluspunkt von Lehm ist, dass er die Luftfeuchtigkeit in Räumen auf natürliche Weise ausgleichen kann und somit das Raumklima verbessert. Deshalb ist er als Baumaterial insbesondere in Küchen und Bädern gefragt.
Kritischer Punkt: die Wärmeleitfähigkeit
Die Umweltverträglichkeit nachwachsender Rohstoffe ist unbestritten. Eine Herausforderung im Zusammenhang mit der EnEV (Energieeinsparverordnung) Link zum Beitrag ist jedoch nach wie vor die hohe Wärmeleitfähigkeit von nachwachsenden Rohstoffen. Es gilt: je höher die Leitfähigkeit, desto mehr Dämmmaterial muss verwendet werden. Desto dicker werden die Wände – und desto teurer wird auch der gesamte Bau. Weniger Dämmung ist keine Alternative: verliert das Gebäude zu viel Energie, steigen die Heizkosten und damit der CO2-Ausstoß.
Manchmal kritisch: Gewinnung von nachwachsenden Rohstoffen
Vor einiger Zeit galt Baumwolle als alternativer Dämmstoff – bis sie aufgrund von problematischen Anbaumethoden infolge von Pestiziden und Monokulturen sowie überlanger Transportwege bei Umweltverbänden in Verruf geriet. Verbraucherorganisationen empfehlen deshalb, sich vor Auswahl, Kauf und Einsatz nachwachsender Rohstoffe gut beraten zu lassen und verschiedene Aspekte mit einzubeziehen.
Prüfsiegel für nachwachsende Rohstoffe
Für Interessenten ist es nicht immer einfach, nachwachsende Rohstoffe eindeutig zu identifizieren. Dazu gibt es eine Reihe von Prüfsiegeln, die jedoch nicht immer ganz so aussagekräftig sind, wie sie erscheinen. Nicht jeder Anbieter einwandfreier und unter Umständen sogar sehr guter Produkte gibt Geld für die Erstellung eines Prüfsiegels aus. Dafür verfügen Anbieter mittelmäßiger Stoffe manchmal über exzellente – unter Umständen gekaufte – Prüfsiegel. Ein Tipp: Studieren Sie die Inhaltsstoffe des Naturproduktes, das Sie interessiert. Der Anbieter muss alle verwendeten Stoffe angeben, dazu ist er verpflichtet. Je mehr natürliche Inhaltsstoffe sich auf der Verpackung finden, desto besser. Natürlich ist es nicht verkehrt, parallel auch Prüfsiegel zu Rate zu ziehen und zu schauen, ob und bei welchen Siegeln der Hersteller gelistet ist.
Gängige Prüfsiegel im Baubereich
- Bei Produkten aus Holz hat sich die Zertifizierung FSC (Forest Stewardship Council) durchgesetzt.
- Deklarationen für umweltfreundliche Bauprodukte vergibt das Institut Bauen und Umwelt e.V.
- Das Institut für Baubiologie Rosenheim vergibt Prüfsiegel für Bodenbeläge, Dämmstoffe, Holzwerkstoffe und Farben.
- Insbesondere interessant für Baumaterialien auf Basis nachwachsender Rohstoffe ist das Prüfsiegel von Nature Plus. Ausgezeichnet werden zertifizierte Produkte aus Hanf, Hobelspänen, Holzfasern, Roggen, Schafwolle, Kork und Zellulose.
- Bekannte und gängige Ökolabels für Bauprodukte sind zum Beispiel das EU-Ecolabel „Euroblume“, welche in allen EU-Staaten, aber auch in Norwegen, Liechtenstein und Island als EU-Umweltzeichen gilt.
Noch immer sind nachwachsende Rohstoffe in Neubau-Immobilien die Ausnahme. Im Gegensatz dazu liegen außergewöhnliche Wohnprojekte im Trend. Lesen Sie mehr zu Immobilien für Individualisten.