Energieausweis beim Neubau: immer ein Bedarfsausweis

Energieausweis beim Neubau: immer ein Bedarfsausweis

Beim Kauf einer Neubau-Immobilie erhält man gewöhnlich viele Unterlagen, die oft mehrere Ordner einnehmen und vom Ausstattungskatalog und technischen Anleitungen bis hin zum notariell beurkundeten Kaufvertrag reichen. Auch der Energieausweis gehört dazu. Warum neue Wohnimmobilien einen Bedarfsausweis und keinen Verbrauchsausweis erhalten, und was Sie aus den verschiedenen Daten über Ihre Immobilie erfahren, lesen Sie hier. Holen Sie sich jetzt alle Fakten zum neuen Energieausweis!

Energieausweis ist obligatorisch

Wer seine Immobilie selbst bewohnt, muss den Energieausweis grundsätzlich niemandem vorlegen. Jeder Bauherr ist aber verpflichtet, dieses Dokument zu besitzen – das ist in § 80 Gebäudeenergiegesetz (GEG) festgelegt. Beim Kauf direkt vom Bauträger erhalten Sie den Ausweis, auch Energiepass genannt, in der Regel automatisch. Wer dieses amtliche Papier für Wohngebäude ausstellen darf, regelt § 88 GEG. Neben Architekten und Ingenieuren kommen auch Handwerker mit entsprechender Ausbildung in Frage.

ALT-Text: Junger Mann mit Bart und dunklen Haaren in Polohemd zeigt einer Dame, die man nur von hinten sieht, auf einem Tablet den Energieausweis.
BU: Schornsteinfeger gehören zu den ersten Ansprechpartnern, wenn es um den Energieausweis geht. Bild: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks/Sandra Seifen Fotografie

Im Energieausweis wird dokumentiert, dass das Gebäude die energetischen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes erfüllt und auf seine energetische Beschaffenheit geprüft wurde. 

Ob Neubau oder Bestandsimmobilie: Sobald eine Immobilie vermietet oder verkauft werden soll, wird der Besitz eines Energieausweises Pflicht für jeden Eigentümer oder Makler, der die Immobilie vermarktet. Wer ihn bei der Immobilienbesichtigung nicht vorlegen kann, darf mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen. Schon beim Schalten der Angebotsanzeige gibt es rechtliche Vorgaben: Hier müssen bereits die wichtigsten energetischen Daten der Immobilie genannt werden, damit sich die Interessenten vorab ein Bild darüber machen können, was an Energiekosten auf sie zukommen könnte.

Von der Ausweispflicht befreit sind Baudenkmäler und kleine Gebäude mit einer Nutzfläche von bis zu 50 m².

Neubau: nur der Bedarfsausweis ist möglich

Es gibt für Wohngebäude zwei Arten von Energieausweisen: den Verbrauchs- und den Bedarfsausweis. Bei einem Neubau bewegen sich die Zahlen zum Energiebedarf im theoretisch berechenbaren Rahmen. Mangels tatsächlich erhobener Energiedaten kann für neue Gebäude nur der Bedarfsausweis ausgestellt werden, verbraucht wurde ja noch nichts. Wichtige Werte für den Pass ergeben sich aus der Dämmung der Gebäudehülle mit Fokus auf Dach, Außenwände, Fenster und Fußboden sowie der Heizung und Klimatisierung. Selbstverständlich spielt auch der Einsatz von regenerativen Energien dabei eine große Rolle.

Beim Verbrauchsausweis basieren die Daten auf der nachgewiesen verbrauchten Energie der letzten drei Jahre – das geht bei Neubau-Immobilien ja nicht.

Was kann man aus einem Bedarfsausweis als Eigentümer einer Neubau-Immobilie herauslesen? Wir führen Sie jetzt durch die fünf Seiten, die ein Energieausweis hat und verraten schon einmal: Besonders spannend ist Seite 2, denn dort geht es um den Endenergieverbrauch und den Primärenergieverbrauch des Gebäudes. Aber beginnen wir der Reihe nach.

Seite 1 des Bedarfsausweises: Grundlegende Daten

Auf Seite 1 werden die allgemeinen Angaben zum Gebäude und zur Art des Energieausweises zusammengefasst. Neben der Adresse, dem Baujahr, der Anzahl der Wohnungen und der Nutzfläche werden auch die wesentlichen Energieträger für Warmwasser und Heizung verzeichnet. Außerdem trägt der ausstellende Fachmann ein, welche Erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen und notiert auch die Art der Lüftung sowie Kühlung. Wenn das Gebäude über inspektionspflichtige Klimaanlagen und Lüftungssysteme verfügt, wird das Fälligkeitsdatum der nächsten Inspektion verzeichnet. Wichtig sind noch zwei Angaben: Die Registriernummer und das Datum, bis wann das Dokument gültig ist – denn ein Energieausweis läuft nach 10 Jahren ab.

Ausschnitt von Seite 1 des Energieausweises für Wohngebäude, so wie er seit 2024 aussieht. Wie im Text zu lesen ist, können hier die wesentlichen Daten zum Gebäude eingetragen werden – inklusive Adresse und Art der Heizung, Lüftung und Kühlung.
Ausschnitt von Seite 1 des neuen Energieausweises für Wohngebäude – konform zum GEG 2024. Bild: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Auch der Anlass für die Ausstellung und die Art des Ausweises – Verbrauchs- oder Bedarfsausweis – werden auf Seite 1 verzeichnet. Beim Zweck kann Neubau, Verkauf oder Vermietung, Modernisierung oder Sonstiges angekreuzt werden. Ein wichtiger Punkt ist zudem der Nachweis, woher die Informationen zu Technik, Gebäudehülle und die weiteren Details stammen: vom Eigentümer oder Energieexperten, also einem externen Dienstleister. Zu guter Letzt ist auf Seite 1 noch ein Bereich, in dem der Aussteller des Energieausweises seine Daten einträgt und eine Unterschrift leistet.

Seite 2 des Bedarfsausweises: Energie auf dem Prüfstand

Beim Bedarfsausweis ist gerade diese Seite aufschlussreich. Seite 2 stellt die energetischen Kennzeichen eines Gebäudes grafisch dar. Neben errechneten Werten und Effizienzklasse-Buchstaben verdeutlicht eine Farbskala, ob die Immobilie „im grünen Bereich“ und damit sehr energieeffizient ist – dann erhält sie zusätzlich die Kennziffer A+, A oder B – oder sich schlechter schlägt. Die Farbskala reicht in Abstufungen von Grün über Gelb und Orange bis Rot. Je mehr Rot ins Spiel kommt und je höher im Alphabet der zugehörige Buchstabe steht, desto höher ist der Endenergiebedarf und schlechter ist die Immobilie hinsichtlich ihrer Energieeffizienzklasse aufgestellt. Die Buchstaben sind seit Mai 2014 auf Energieausweisen zu sehen.

Auf Seite 2 des Energieausweises werden die wesentlichen Kennzahlen für ein Gebäude eingetragen. Bild: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Auf Seite 2 des Energieausweises werden die wesentlichen Kennzahlen für ein Gebäude eingetragen. Bild: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Die energetisch beste Effizienzklasse A+ erreicht eine Immobilie, wenn sie einen Endenergiebedarf von nur 0 bis unter 30 kWh/m²a hat, in der ungünstigsten Klasse H landet sie bei einem Bedarf von mehr als 250 kWh/m²a. Das Kürzel m²a steht für Quadratmeter pro Jahr.

Das mit den Buchstaben kennen Sie seit einigen Jahren bereits von Elektrogeräten. Im Unterschied dazu reicht die Buchstabenskala bei Immobilien allerdings einen Buchstaben weiter. H gibt es im Elektrobereich nicht.

Neubau: Limits beim Energiebedarf

Da es für Neubauten und Gebäude, die energetisch saniert werden, Höchstgrenzen für den Primärenergiebedarf und die energetische Qualität der Gebäudehülle gibt, wird über den Energieausweis abgefragt, ob diese Werte auch eingehalten werden.

So wird errechnet, wie viel Wärmeenergie über die Gebäudehülle – dazu gehören das Dach, die Fenster und die Türen – an die Umwelt abgegeben wird. Das ist der Ist-Wert. Je höher die Energieeffizienz des Gebäudes ist, desto kleiner fällt der Wert aus. Zum Vergleich wird auch noch der offizielle Anforderungs-Wert eingetragen, den die Gebäudehülle des Hauses erreichen sollte. Der Aussteller des Dokuments gibt auf dem Blatt zudem an, über welches Verfahren er den Energiebedarf berechnet hat.

Zusätzlich kreuzt er im Fall eines Neubaus an, ob das Gebäude den sommerlichen Wärmeschutz einhält. Das Feld „Maßnahmen zur Einsparung“ berücksichtigt Ersatzmaßnahmen für erneuerbare Energien, die der Optimierung der energetischen Qualität der Gebäudehülle und des Primärenergiebedarfs dienen.

Der Endenergiebedarfswert

Dieser Wert gibt an, wie viel Energie konkret benötigt wird, um das Gebäude mit Warmwasser und Heizenergie zu versorgen, zu kühlen und zu lüften. Bei der Berechnung wird die Art der Dämmung ebenso berücksichtigt wie die Anzahl der Geschosse, und auch Keller und Dach werden dafür unter die Lupe genommen. Der Endenergiebedarf wird in kWh/m²a ausgewiesen und bildet nur die Menge an Energie ab, die für die Versorgung des Hauses vor Ort aufgewendet wird. Die Art des Energieträgers ist dabei unerheblich. Denn der kommt erst jetzt, bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs, ins Spiel.

Der Primärenergiebedarf

Der Primärenergiebedarf ist ein Wert zur Abbildung des ökologischen Fußabdrucks eines Gebäudes. Wie bei der energetischen Qualität der Gebäudehülle wird hier zwischen Ist- und Anforderungswert unterschieden. Dieser Ist-Wert ist dann auch die Basis zur Berechnung der Treibhausgasemissionen, die das Gebäude abgibt. Der Energieexperte weist diese in kg CO2-Äquivalent/kWh aus.

Der Primärenergiebedarfswert zeigt in Kilowattstunden an, wie viel Energie aus fossilen oder regenerativen Energieträgern pro Quadratmeter Nutzfläche verbraucht wird. Er bildet dabei die gesamte Kette der Energiebereitstellung ab. Erdgas, Kohle, Heizöl oder Holz müssen ja erst abgebaut, umgewandelt und gespeichert oder transportiert werden, um im Haus zur Verfügung zu stehen. Jeder Schritt verbraucht Energie und dabei kommt es auch zu Verlusten. Das wird alles berücksichtigt, wenn der Primärenergiebedarf berechnet wird.

Der Gesetzgeber gibt zur Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes für jeden möglichen Energieträger einen Primärenergiefaktor vor. Kommt beispielsweise Strom aus nicht Erneuerbaren Energien zum Einsatz, wird der errechnete Wert des Endenergiebedarfs mit dem Faktor 1,8 multipliziert. Genauso berechnet man den Endenergiebedarf für Heizöl, Erdgas und Flüssiggas sowie Stein- und Braunkohle. Hier gilt allerdings der Faktor 1,1. Holz als Energiequelle hat den Faktor 0, 2 und regenerative Energien wie Solarenergie den Faktor 0,0.

Die 65 %-EE-Regel gilt auch hier- neu im Energieausweis

Im Zuge der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, die im Januar 2024 eingeführt wurde, wurde auch der Energieausweis angepasst. Um die Erfüllung der Pflicht, dass Heizungen und Warmwasser zu 65 % mit Erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, zu dokumentieren, gibt es auch hierfür ein Feld auf Seite 2 des Ausweises.

Vergleicht man mit älteren Versionen des Energiebedarfsausweises, fehlt dieser Bereich noch. Das GEG 2024 erweitert die Anforderungen an Gebäude. Bild: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Vergleicht man mit älteren Versionen des Energiebedarfsausweises, fehlt dieser Bereich noch. Das GEG 2024 erweitert die Anforderungen an Gebäude. Bild: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Der Energieexperte, der das Dokument ausstellt, kann hier detailliert ausfüllen, welche Anlagen verbaut sind und inwiefern sie bereits mit Erneuerbaren Energien arbeiten. Auch Anteile in Prozent können abgebildet werden. Und sogar ein Feld für Anlagen, für die die 65 %-EE-Regel nicht gilt, ist vorgesehen. Auf diese Weise kann der Energieausweis auch für Immobilien verwendet werden, die vorerst noch nicht der 65 %-EE-Regel unterliegen.

Energieausweis Seite 4: Empfehlungen zur Optimierung

Da Seite 3 sich auf Verbrauchsausweise bezieht, geht es für Neubau-Immobilien-Eigentümer mit der nächsten Seite weiter. Seite 4 widmet sich den Empfehlungen zur energetischen Modernisierung. Dort werden für die Eigentümerinnen und Eigentümer zukünftige, potenzielle Maßnahmen zur Optimierung der Energieeffizienz eingetragen (die hoffentlich noch nicht nötig sind). Darüber hinaus können hier auch der geschätzte Zeitpunkt der Amortisierung und die veranschlagte Energieeinsparung in kWh verzeichnet werden. Eine Umsetzungs- bzw. Handlungspflicht leitet sich aus den Empfehlungen nicht ab.

Seite 5 des Energieausweises: Erläuterungen

Auf der letzten Seite des Energieausweises werden alle wichtigen Begriffe der vorigen Seiten – u. a. zum Berechnungsverfahren – erläutert. Dies ist vor allem für die Eigentümer gedacht, die meist nicht so tief in der Materie sind, dass sie alle Punkte ohne zusätzliche Erklärung verstehen.

Kann man vom Bedarfsausweis auf die Energiekosten schließen?

Theoretisch soll über die Daten im Energieausweis ein Vergleich der Energieeffizienz des eigenen Hauses mit anderen Gebäuden möglich werden. Viele Eigentümer und Kaufinteressenten gehen darum davon aus, dass sich aus dem Bedarfsenergieausweis die entstehenden Nebenkosten ableiten lassen. Das ist allerdings nicht möglich. Dazu müssten neben dem Endenergieverbrauch auch die aktuellen und zukünftigen Kosten für den genutzten Energieträger untersucht werden. Das hieße aber, die berühmte Glaskugel zu bemühen. Wo gehen die Energiepreise hin?

Dazu kommt: Bedarfsausweise beziehen wichtige Aspekte wie Standort des Gebäudes und Witterung nicht mit ein. Bereits wenn man den Energiebedarf von Wohnungen im selben Haus betrachtet, wird es aber unmöglich, pauschale Werte zu erheben. Denn der energetische Bedarf der einzelnen Einheiten kann sich deutlich vom Energiewert des Wohngebäudes unterscheiden. Direkt unter dem Dach, im Erdgeschoss oder wenn eine Wohnung sich nur wenige Wände mit den Nachbarwohnungen teilt und viele Außenwände hat, wird in der Regel viel mehr Energie benötigt als für andere Wohnungen im Haus. Auf der Nordseite muss mehr geheizt werden als auf der Südseite. Und auch das Alter und die Lebenssituation der Bewohner spielen eine Rolle: Ältere und Familien heizen meist mehr als jüngere Singles, die untertags nicht zuhause sind.

Kleines Mädchen mit hellbraunen Haaren beim Spielen mit einem mittelgroßen Spielzeughaus mit Truhenfunktion.
Wo Kinder spielen, wird meist auch mehr geheizt. Bild: Tatiana Syrikova/Pexels

Aus dieser Warte ist der Bedarfsausweis bezüglich der Abschätzung der kommenden Nebenkosten gegenüber dem Verbrauchsausweis, der auf den Verbrauchsdaten der letzten drei Jahren fußt, im Nachteil.

Kosten für die Erstellung eines Bedarfsausweises

Beim Kauf direkt vom Bauträger oder Makler ist der Bedarfsausweis normalerweise bereits im Kaufpreis enthalten. Die Kosten für eine Erstellung beginnen bei den meisten Anbietern bei 300 € oder 350 €. Sie können sich aber auch auf mehr als 500 € belaufen. Es kommt unter anderem auf die Gebäudegröße, den Aufwand für die Erfassung der Bauteile, das Heizungssystem und die zur Verfügung stehenden Unterlagen an. Der Bauträger geht also bereits bei diesem Punkt für Sie in Vorleistung.

Die Verbraucherzentrale NRW gibt im Beitrag „So kommen Sie an einen Energieausweis für Ihre Immobilie“ aus dem Jahr 2023 wichtige Tipps, die auch für den neuen Energieausweis 2024 gelten. Dabei geht es unter anderem darum, woran Sie seriöse Anbieter erkennen.

Text:   Kerstin Funke
Title Image:   Max Rahubovskiy/pexels

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