Ob beruflich oder privat – digitale Kommunikation ist allgegenwärtig. Auch Wohnungseigentümergemeinschaften können davon profitieren: Seit Ende 2024 dürfen Eigentümerversammlungen komplett virtuell stattfinden. Erfahre, wie das in der Praxis aussieht und wie man auch weniger technikaffine Personen abholt.
Neues Gesetz ermöglicht vollständig virtuelle Eigentümerversammlungen
Seit 1. Dezember 2020 ermöglicht das Wohnungseigentumsgesetz die elektronische Teilnahme an Eigentümerversammlungen. Dieser erste Schritt in Richtung Digitalisierung war allerdings noch ein Kompromiss: Die Versammlung musste weiterhin physisch an einem festgelegten Ort stattfinden – Eigentümer konnten sich lediglich digital dazuschalten. Man spricht hier von einer hybriden Eigentümerversammlung.

Der Weg zur vollständig virtuellen Versammlung wurde mit einer Gesetzesänderung vom 17. Oktober 2024 geebnet: Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) können nun beschließen, ihre Versammlungen komplett digital durchzuführen. Allerdings gibt es dabei einige Voraussetzungen:
- Es wird eine Drei-Viertel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen benötigt
- Die Erlaubnis gilt maximal drei Jahre und muss dann erneuert werden
- Die virtuelle Versammlung muss in puncto Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein
Diese Anforderungen sollen sicherstellen, dass die digitale Transformation nicht auf Kosten der Mitbestimmungsrechte einzelner Eigentümer geht – insbesondere derjenigen, die weniger technikaffin sind.
Übergangsregelung bis Ende 2027
Wenn vor dem 1. Januar 2028 ein Beschluss für virtuelle Versammlungen gefasst wird, muss bis einschließlich 2028 mindestens einmal jährlich eine Präsenzversammlung stattfinden. Die Wohnungseigentümer können jedoch einstimmig auf diese Präsenzversammlung verzichten.

Was wird für eine virtuelle Eigentümerversammlung benötigt?
Damit eine virtuelle Eigentümerversammlung reibungslos verlaufen kann, muss zunächst in ein zuverlässiges und sicheres (DSGVO-konform) Videokonferenzsystem investiert werden. Die Kosten dafür trägt in der Regel die WEG.
Darüber hinaus ist eine stabile Internetverbindung wichtig, um Störungen oder Unterbrechungen zu minimieren. Je nach Technikaffinität der Teilnehmenden könnte zudem eine Schulung notwendig sein.
Ablauf einer virtuellen Eigentümerversammlung
Vom Ablauf ist eine virtuelle Eigentümerversammlung mit einer Präsenzveranstaltung vergleichbar. Jedoch sind aufgrund der digitalen Durchführung via Video ein paar zusätzliche Punkte zu beachten.
Einladung und Passwort versenden
Der Hausverwalter muss sicherstellen, dass nur berechtigte Personen an der Versammlung teilnehmen können. Das ist zum Beispiel mithilfe eines Passworts möglich, das zusammen mit der Einladung an die Teilnehmenden verschickt wird. Die Einladung muss in Textform – via Brief, E-Mail, SMS oder WhatsApp – mit einer Ladungsfrist von drei Wochen erfolgen.
Personenidentifikation und Rechte überprüfen
Alle Teilnehmenden sollten sich im Videokonferenzsystem mit ihrem echten Namen anmelden, um Transparenz zu schaffen. Der Hausverwalter kann vor dem Start eine Video-Personenidentifikation durchführen. Das dient als zusätzliche Absicherung, dass nur berechtigte Personen teilnehmen. Vor dem Start ist auch wichtig zu klären, welche Rechte die Teilnehmenden haben – beispielsweise, ob sie nur abstimmen oder auch an Diskussionen teilnehmen dürfen.
Einfache Kommunikation ermöglichen
In einem digitalen Zeitalter findet Kommunikation vermehrt virtuell statt – ob Meetings in der Arbeit oder Videocall mit einem Freund im Ausland. Doch gerade ältere Menschen sind nicht immer mit den Gepflogenheiten der digitalen Kommunikation vertraut. Alle, die an der virtuellen Eigentümerversammlung teilnehmen, sollten daher vorab über die digitale Netiquette informiert worden sein. Die wichtigste Regel: Wer nicht spricht, schaltet das Mikrofon stumm. So vermeidet man störende Hintergrundgeräusche und Hall.

Damit man sich während der Veranstaltung nicht ins Wort fällt, kann im Voraus vereinbart werden, dass man Fragen per Chat sammelt und zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet oder dass Fragende die Funktion „Hand heben“ nutzen. Wie auch bei Präsenzveranstaltungen erstellt man bei virtuellen Versammlungen ein Protokoll, das den Teilnehmenden anschließend in Textform zur Verfügung gestellt wird – beispielsweise per E-Mail oder als Download über ein Portal.
Digital abstimmen
Um sicherzustellen, dass das Abstimmungsverfahren bei virtuellen Eigentümerversammlungen transparent erfolgt, gibt es verschiedene Wege: z.B. per Chat oder mündlicher Stimmabgabe im Videokonferenzsystem (der Moderator zählt die abgegebenen Stimmen) oder über ein spezialisiertes Tool wie Vote@Home, Vulcavo oder NEOVE. Wichtig ist, dass das Abstimmungsverfahren im Voraus erklärt wird und alle unkompliziert teilnehmen können.
Die Beschlüsse sind rechtswirksam, solange die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Eigentümer, die einen Beschluss anfechten möchten, müssen dies innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung tun (§ 45 WEG).
Privatsphäre wahren
Virtuelle Eigentümerversammlungen bietet einige Vorteile – allen voran die Möglichkeit, ortsunabhängig teilzunehmen. Allerdings gelten dabei klare Regeln: Die Teilnahme aus öffentlichen Räumen wie Cafés, Bibliotheken oder Flughäfen ist nicht gestattet. Auch Bild- und Tonaufzeichnungen sind grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind nur möglich, wenn alle Beteiligten vorab ausdrücklich zugestimmt haben.
Checkliste: Virtuelle Eigentümerversammlung
- Sicheres (DSGVO-konform) Videokonferenzsystem
- Stabile Internetverbindung
- Schulung der Teilnehmenden
- Einladung in Textform (3 Wochen Ladungsfrist)
- Personenidentifikation und Rechteüberprüfung
- Keine Teilnahme aus öffentlichen Räumen
- Digitale Netiquette beachten
- Virtuelles Abstimmungsverfahren erklären
- Protokoll erstellen
Mögliche Hürden bei virtuellen Eigentümerversammlungen
Trotz offensichtlicher Vorteile wie die Möglichkeit einer ortsunabhängigen, flexiblen Teilnahme können virtuelle Eigentümerversammlungen auch Herausforderungen mit sich bringen. Wie steht es zum Beispiel um weniger technikaffine Personen? Diese könnten sich bei einer komplett virtuellen Veranstaltung benachteiligt fühlen.

Andere Menschen wiederum legen hohen Wert auf ihre Privatsphäre im Internet und zeigen ihr Gesicht nur ungern. Nicht zu unterschätzen ist außerdem der erhöhte Moderationsaufwand bei einer virtuellen Versammlung gegenüber einer Präsenzveranstaltung.
Was kann man tun, um diese Bedenken auszuräumen oder zu minimieren? Wie bereits eingangs erwähnt, besteht für weniger technikaffine Menschen die Möglichkeit einer Schulung, um die wesentlichen Funktionen und Gepflogenheiten eines Videokonferenzsystems zu erlernen – zum Beispiel im Rahmen eines Test-Calls.
Teilnehmende, die besonderen Wert auf ihre Privatsphäre legen, können vor dem Start der virtuellen Versammlung eine kurze Video-Identifikation mit dem Hausverwalter durchführen und ihr Bild anschließend deaktivieren. Um den erhöhten Moderationsaufwand einer virtuellen Eigentümerversammlung zu bewältigen, kann der Hausverwalter ggf. ein WEG-Mitglied als Co-Moderator einsetzen.
Fazit
Virtuelle Eigentümerversammlungen bieten einige Vorteile: Sie sparen Kosten für die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten, die Terminfindung wird vereinfacht und Eigentümer können theoretisch von jedem Ort der Welt teilnehmen. Wichtig ist dabei, niemanden abzuhängen – weder technisch weniger versierte Personen noch diejenigen, die besonderen Wert auf ihre Privatsphäre legen.
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