Geschichte der Aufzüge: Von der Erfindung bis zur Cybersicherheit

Geschichte der Aufzüge: Von der Erfindung bis zur Cybersicherheit

Du bist auf dem Weg zur Arbeit, die Sonne scheint und dein Stimmungsbarometer ist ganz oben – bis du das „Außer Betrieb“-Schild am Aufzug entdeckst. Das Problem: Dein Büro liegt im 5. Stock. Tage später, als der Aufzug endlich wieder funktioniert, würdest du dich am liebsten beim Erfinder bedanken. Aber wer hat dieses Massentransportmittel eigentlich erfunden, wie sicher ist es und wie funktioniert ein seilloser Aufzug? Diese und weitere Fragen beantworten wir dir in unserem Ratgeber.

Der erste (absturzsichere) Aufzug

Ende des 19. Jahrhunderts, als die ersten Hochhäuser das Licht der Welt erblickten, standen Ingenieure vor einer Herausforderung: Auch die höheren Etagen der Gebäuderiesen mussten mühelos erreichbar sein. Glücklicherweise hatte ein gewisser Elisha Graves Otis kurz zuvor eine neue Erfindung auf den Markt gebracht – den absturzsicheren Aufzug.

Die Idee dazu hatte Otis während seiner Arbeit bei einer Firma für Bettgestelle, die er 1852 begann. Hier wurde die schwere Ausrüstung mit Seilwinden in die oberen Etagen befördert. Das Problem: Wenn das Seil riss, ging die gesamte Ladung kaputt. Also machte sich Otis auf die Suche nach einer Lösung – ein Vorhaben, das ihn zur Erfindung des absturzsicheren Aufzugs führte. Das gelang ihm, indem er das Tragseil mit einer harten Stahl­feder verknüpfte, an deren Ende Bolzen befestigt waren. Die Feder wurde durch das Gewicht der Aufzugskabine gespannt. Wenn das Seil riss, entspannte sich die Feder und die Bolzen keilten sich in die Führungs­schienen des Fahr­korbs, was den Aufzug zum Stehen brachte.

Diesen Mechanismus präsentierte Otis wenig später bei einer Ausstellung in New York. Hier stellte er sich auf eine Plattform, die über den Zuschauern von einem Seil gehalten wurde. Auf seinen Befehl wurde das Seil abgetrennt. Der Aufzug fiel. Jedoch nur wenige Zentimeter. Denn durch den Sicherheitsmechanismus kam er – wie geplant und zur großen Begeisterung der Anwesenden – zu einem abrupten Stopp. Kurz darauf gründete Otis die „Otis Elevator Company“. Diese ist noch heute führender Anbieter von Aufzügen, die unter anderem in zahlreichen Hochhäusern verbaut sind, darunter das World Trade Center und das Empire State Building in den USA. Auch in Hotels, Büro- und Wohngebäuden haben sich Otis-Aufzüge weltweit etabliert.

Die Entwicklung geht weiter

Technologie befindet sich fortlaufend im Wandel, so verwundert es nicht, dass moderne Aufzüge aus mehr als nur einer Kabine und einem Seil bestehen. Die teuersten Modelle verfügen über intelligente Funktionen wie Gesichtserkennung, Touchpad, App-Steuerung und einen blitzschnellen Antrieb, wodurch selbst die obersten Etagen eines Wolkenkratzers in wenigen Sekunden erreichbar sind. Der schnellste Aufzug der Welt, verbaut im Shanghai Tower in China, legt in 5 Sekunden fast 100 Meter zurück. Im Vergleich: Der erste Aufzug benötigte rund 1 Minute für 5 Stockwerke und wurde mit einer Dampf­maschine betrieben.

Eine Frau steht seitlich zum Aufzug  im 4. Stockwerk und drückt auf einem Touchpad die Taste 6.
Moderne Aufzüge verfügen über Funktionen wie Touchpad und Remotesteuerung. © TK Elevator

Welche Arten von Aufzügen gibt es?

Am weitesten verbreitet sind heutzutage elektrische Seilaufzüge und hydraulische Aufzüge. Je nach Gebäudetyp ist entweder das eine oder das andere System besser geeignet. Bei der Wahl des passenden Aufzugsystems spielen Faktoren wie Platzverhältnisse, Nutzungsverhalten und Gebäudehöhe eine entscheidende Rolle.

In kleineren Gebäuden sind hydraulische Aufzüge meist die bessere Wahl, da sie besonders platzsparend sind. Dafür haben sie jedoch einen hohen Stromverbrauch und eine moderate Geschwindigkeit. Um die Kabine nach oben und unten zu befördern, wird bei hydraulischen Aufzügen kein Gegengewicht benötigt. Stattdessen kommt ein Teleskop-Kolben zum Einsatz, der die Kabine hochdrückt und wieder ablässt. Um dies zu ermöglichen, wird unter Druck stehendes Öl in das System gepumpt. Dadurch fährt der Fahrstuhl nach oben. Wird das Öl abgelassen, senkt sich die Kabine wieder.

Elektrische Seilaufzüge hingegen bieten sich für höhere Gebäude an, die über ausreichend Platz verfügen. Das System besteht aus Rollen und Gegengewichten und wird durch einen Elektromotor betrieben. Die Hauptvorteile gegenüber dem hydraulischen System sind die höhere Leistung und Geschwindigkeit sowie eine bessere Energieeffizienz. Auch wenn Seilaufzüge in der Regel mehr Platz benötigen als die hydraulischen Pendants, gibt es mittlerweile sogenannte Gearless-Systeme. Diese sind platzsparender, da sie ohne zusätzlichen Maschinenraum auskommen. Stattdessen ist ein kompakter Elektromotor in den Schacht integriert.

Aufzug der Zukunft – ohne Seil

Kann ein Aufzug auch ohne Seil fahren? Mit MULTI, einem innovativen Aufzugssystem von Thyssenkrupp, ist das möglich. Dieses funktioniert ähnlich wie eine Magnetschwebebahn. Stromaggregate erzeugen ein mobiles magnetisches Feld und bewegen den Fahrstuhl auf zwei Führungsschienen. Das Besondere: Die Kabinen können an bestimmten Punkten im Schacht ihre Richtung wechseln und seitlich weiterfahren. Durch das zirkuläre System verkürzt sich die Wartezeit für die Nutzer und Gebäude lassen sich horizontal erschließen. Getestet wird MULTI in einem 246 Metern hohen Turm im schwäbischen Rottweil.

Ansicht der Mechanik, die beim Aufzugssystem MULTI zum Einsatz kommt.
MULTI: Das erste seillose Aufzugssystem der Welt. © TK Elevator
Der obere Bereich des 246 Meter hohen TK Elevator Testturm in Rottweil. Der Hintergrund zeigt Wälder und Wiesen.
Getestet wird MULTI im 246 Meter hohen TK Elevator Turm im schwäbischen Rottweil. © TK Elevator

Das erste Aufzugssystem dieser Art war ursprünglich für den Edge East Side Tower in Berlin geplant, ein 140 Meter hohes Bürogebäude nahe der East Side Gallery im Stadtteil Friedrichshain, das Ende 2024 bezugsfertig werden soll. Die Projektentwickler haben sich stattdessen für 14 Doppelstockaufzüge von der Firma KONE entschieden, bei denen Fahrgäste gleichzeitig aus zwei Stockwerken in den Aufzug einsteigen können.

16.10.2020

Der Neubau „EDGE East Side Berlin“ entsteht an der Warschauer Brücke im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Der…

7 min

Aufzüge in Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern

Wenn Architekten ein neues Wohngebäude planen, dürfen sie eines nicht vergessen: Sobald das Gebäude höher als 13 Meter ist (laut § 39, Abs. 4, MBO), müssen ausreichende Aufzüge vorhanden sein, die in alle Stockwerke fahren. Ausnahmen gibt es im obersten Stock, im Erdgeschoss oder im Keller, falls der Einbau sich zu kompliziert gestaltet.

Für kleinere Mehrfamilienhäuser gibt es praktische Alternativen zu herkömmlichen Aufzügen mit Schacht: Homelifte, Plattformlifte oder Treppenlifte. In Einfamilienhäusern, wo oft nicht viel Platz ist, sind Plattformlifte oder Sitzlifte, die an der Treppe entlangführen, eine gute Lösung. Wichtig dabei: Sitzlifte, die man auch Treppenlifte nennt, sind nicht rollstuhlgerecht, Plattformlifte dagegen schon.

Eine Frau mittleren Alters mit blonden Haaren sitzt auf einem Sitzlift am unteren Ende der Treppe. Ihr Blick ist in die Kamera gerichtet.
Der Treppenlift, auch Sitzlift genannt, sorgt für Barrierefreiheit im Eigenheim. © TK Elevator
Das Bild zeigt einen Homelift im Erdgeschoss eines modernen Hauses mit mindestens zwei Stockwerken.
Ein Homelift transportiert Rollstuhlfahrer, Kinderwägen oder Umzugskisten im Nu in die oberen Etagen. © TK Elevator

Ein Homelift eignet sich sowohl für den Einbau drinnen als auch draußen und braucht wenig Platz. Er besteht aus einer Glas-Metall-Konstruktion, in der eine Plattform hoch und runter fährt. Angetrieben wird er per Riemen oder Hydraulik und funktioniert mit normalem Haushaltsstrom.

Gut zu wissen: Aufzüge lassen sich auch nachträglich in fast jedes Gebäude einbauen. In einer Eigentümergemeinschaft muss der Einbau allerdings erst beantragt und genehmigt werden.

Unfälle und Mängel – wie oft kommen sie vor?

Im Alltag stehen wir immer wieder vor der Wahl: mühseliges Treppensteigen oder bequemes Aufzugfahren? Einige Menschen wählen (freiwillig) das Treppensteigen – etwa um sich fit zu halten oder auch aus Sicherheitsbedenken. Doch wie häufig kommen Aufzugpannen vor und wie oft werden Mängel festgestellt?

Nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks (NDR) kommt es bei Aufzügen statistisch gesehen erst nach 5 Millionen gefahrenen Kilometern zu einem Unfall. Karl-Friedrich Schöps, Aufzugsexperte bei DEKRA, bezeichnet es sogar als „das sicherste Transportmittel, das wir kennen.“1 Personenaufzüge seien so konstruiert, dass ein Absturz ausgeschlossen ist. Durch mehrfache Absicherungen und moderne Technik soll im Worst Case lediglich ein Stillstand der Kabine zwischen zwei Stockwerken auftreten können. „Das Wichtigste bei einem Stillstand ist die bekannte Regel: Ruhe bewahren!“, meint der DEKRA-Experte. Und tatsächlich gibt es wenig Grund zur Sorge, denn moderne Aufzüge verfügen über Ausstattungsmerkmale wie Notstromversorgung, Belüftungssystem und eine 24h-Notrufzentrale. Problematisch wird es, wenn diese Funktionen aufgrund von Mängeln oder Cyberangriffen. Mehr dazu liest du hier.

Auch wenn rückläufig, werden Mängel bei Aufzugsprüfungen sehr häufig festgestellt, wie der Anlagensicherheitsreport 2023 des TÜV-Verbands belegt. Demnach waren im Jahr 2022 über 50 Prozent aller geprüften 656.924 Aufzugsanlagen von Mängeln betroffen. Dabei handelte es sich bei mehr als einem Drittel um „geringe” Mängel, bei jeder zehnten Anlage um „sicherheitsrelevante” Mängel und etwa 0,7 Prozent wurden als „gefährliche” Mängel eingestuft. Typische Mängel sind nach Angaben des TÜV-Verbands fehlerhafte Aufzugssteuerungen, defekte Türverriegelungen, Abnutzung wie Verschleiß an Tragseilen oder ausgefallene Notrufsysteme.

Besser Aufzug warten als im Aufzug warten

Um Mängel von vornherein zu vermeiden, sollten Aufzugsanlagen regelmäßig gewartet werden. Gut zu wissen für Mieter: Im § 535 des Bürgerliches Gesetzbuchs ist festgelegt: „Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.“ Somit wird unter anderem sichergestellt, dass Aufzüge in Mehrfamilienhäusern (im Idealfall) betriebssicher bleiben.

Perspektive von unten auf einen Mann, der Wartungsarbeiten in einem Aufzugsschacht durchführt.
Techniker, die Aufzugswartungen im Schacht vornehmen, sollten schwindelfrei sein. © TK Elevator

Gefahren durch Cyberangriffe – moderne Aufzüge im Visier

Betreiber von Aufzügen sind seit 2023 dazu verpflichtet, diese aktiv vor Cyberangriffen zu schützen. Den Grund dafür formuliert die TÜV Rheinland AG folgendermaßen: „Denn die Digitalisierung und Vernetzung von Aufzugsanlagen erhöht die Anfälligkeit für solche Angriffe, die schwerwiegende Konsequenzen haben können – von versagenden Notrufsystemen über manipulierte Steuerungen bis hin zu Ausfällen von Aufzügen“.

Um Cyberangriffen einen Riegel vorzuschieben, sind eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen notwendig, darunter Firewalls, Intrusion-Detection-Systeme sowie kontinuierliche Software-Updates. Ebenso wichtig ist es, das Personal regelmäßig zu schulen. Somit können mögliche Schwachstellen frühzeitig entdeckt und behoben werden. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, einen klaren Notfallplan in der Hinterhand zu haben, um im Ernstfall schnell und gezielt handeln zu können.

Fazit

Aufzüge sind heute weit mehr als einfache Kabinen, die Menschen von A nach B befördern. Mit immer höheren Gebäuden und steigenden Anforderungen an Komfort, Sicherheit und Nachhaltigkeit haben sich Aufzüge weiterentwickelt. In den letzten 150 Jahren hat sich viel getan: Verbesserte Technik, höhere Energieeffizienz und neue Sicherheitsstandards sind nur einige der Fortschritte. Innovative Konzepte wie seillose Aufzüge, die mit einem Magnetantrieb vertikal und horizontal fahren können, zeigen, dass noch viel Luft nach oben – und jetzt auch zur Seite – besteht.

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  1. https://www.dekra.de/de/aufzug-das-sicherste-transportmittel/ ↩︎
Text:   Janek Müller
Title Image:   © TK Elevator

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